Pfingstbrauch im Mittelpunkt

OBERKLEINICH. (urs) Zum Museumstag hatte der Heimatverein Kirchspiel Kleinich in die frühere Elektromühle in Oberkleinich eingeladen. Als besondere Attraktion führten Frauen und Mädchen das Binden der Pfingstkrone vor.

 Viele Besucher des Museumstages machten eine Stippvisite bei Klaus Christmann und dem historischen Kasperle-Theater in der heimatkundlichen Abteilung.Foto: Ursula Schmieder

Viele Besucher des Museumstages machten eine Stippvisite bei Klaus Christmann und dem historischen Kasperle-Theater in der heimatkundlichen Abteilung.Foto: Ursula Schmieder

In Oberkleinich ist der Pfingstkronen-Brauch nicht vorverlegt worden. Das zarte Gebilde aus exakt 735 ausgeblasenen Hühnereiern wird erst an Pfingsten die Ortsdurchfahrt schmücken. Dennoch sind Passanten am Sonntag keiner Halluzination erlegen. Die Pfingstkrone, eine farbenfrohe Girlande, die zwischen zwei Fichtenstangen hängend einen Schmetterling symbolisiert, war - wie der Gottesdienst mit Predigt in "Kirchspiels Platt" - eine Attraktion des Museumstages gewesen - für wenige Stunden. Gegen Abend wurde der in Acryl-Farben leuchtende Frühlingsbote samt seinem bänder- und blumengeschmückten Bienenkorb-Rumpf wieder abmontiert, da er bis zum achten Juni keinen Schaden nehmen soll. Seit wann es den Frühlingsbrauch im Kirchspiel gibt, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Dorfgemeinschaft geht von einem fränkischen Ursprung aus. Und für die Älteren steht fest, dass das im Kirchspiel immer so war. Die Hilfe Erwachsener wurde jedoch erst in jüngerer Zeit nötig. Früher lag die Verantwortung in Kinderhand. Ab Fastnacht ziehen sie mit einem riesigen Korb von Haus zu Haus und sammeln ausgeblasene Eier ein. Was auch eine 1938 gedrehte Dokumentation des Fronhofener Dorfschullehrers Heinrich Els belegt, die zum Museumstag gezeigt wurde. Dank dieses Films kann Friedhorst Kirst, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins Kirchspiel Kleinich, seine Mutter als 13-jährige Kronenbinderin bestaunen.Besuch bei der Quellgöttin Sirona

Aufgabe der Jungen war es, kopfüber tiefe Löcher für die Stangen zu buddeln. Wobei einer den anderen mit einem Griff an den Schuhen sicherte. Dem Beispiel folgend, dreht die Gemeinde derzeit einen neuen Film. Vor etwa 20 Jahren soll es eine weitere Version gegeben haben, die laut Ortsvorsteher Ralf Heidenreich leider als verschollen gilt. Wer sich über den Pfingstbrauch hinaus für das Leben und Arbeiten früherer Generationen interessierte, konnte der "Heimatkundlichen Sammlung" einen Besuch abstatten. In der 1948 erbauten einstigen Elektromühle ist die Nachbildung der bei Hochscheid entdeckten lebensgroßen Statue der Quellgöttin Sirona zu sehen. Zwischen landwirtschaftlichen Geräten und Werkstätten von Stellmacher, Schuster oder Schmied gibt es in Wohnstube und Schlafkammer so manches Kleinod zu entdecken. Besondere Stücke erwarten die Besucher im Dachgeschoss, wo Osterbahn-Brauch und ein aus der Zeit um 1900 stammendes Kasperle-Theater zu sehen sind. Die Eichenholz-Figuren - darunter Teufel, Polizist, Pastor und Oma - wurden in einem Koffer auf dem Speicher des Pfarrhauses gefunden. Wer sich von Klaus Christmann führen lässt, kann zudem Geschichten wie die von dem Kasten erfahren, in dem die Namen der Heiratswilligen "ausgehängt" waren: "Wenn die Junggesellen dachten, die Ehe hält nicht lange, wurde der Kasten gesteipt (gestützt)". Führungen können telefonisch vereinbart werden. Info: HVV 06536/93900, Klaus Christmann -/8406 oder -/324.

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