Podiumsdiskussion der Cusanus-Hochschule: Bürger sprechen mit Studenten

Bernkastel-Kues · Mit einer Podiumsdiskussion hat sich die neue Cusanus-Hochschule der Öffentlichkeit in Bernkastel-Kues vorgestellt. 100 Interessierte und Studierende haben das Bildungsgespräch besucht, in dem es ums Denken, aber auch ums Handeln ging.

 Studierende und Bernkasteler Bürger informieren sich über die Cusanus-Hochschule. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Studierende und Bernkasteler Bürger informieren sich über die Cusanus-Hochschule. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Foto: (m_mo )

Bernkastel-Kues. Wie man vom Denken hoch abstrakter Inhalte bis zur profanen Frage: "Wo kommt die Milch eigentlich her?" kommen kann, diesen intellektuellen Spagat konnten die Besucher des ersten Bildungsgespräches der neuen Cusanus-Hochschule erleben. Wissenschaftler, Gastredner und Studierende der Hochschule hatten interessierte Bürger zu dem Treffen in der Güterhalle in Bernkastel-Kues eingeladen.

Neue Hochschule: Mit der Veranstaltung wollte sich die neu eingerichtete Hochschule, die am 17. Oktober eröffnet wird, den Menschen in der Region vorstellen. Das Studienangebot der Privat-Universität umfasst Wirtschaft und Philosophie mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit.
Unter dem Titel "Handelnd Denken - Denkend Handeln. Bildung als Weg zu seiner reflektierten Alltagspraxis" eröffnete Studentin Theresa Steffestun die Podiumsdiskussion, zu der etwa 100 Bürger und Studierende gekommen waren.

Fehler im Geldsystem: Zu den Referenten zählten unter anderem der Wirtschaftswissenschaftler und Präsident der Hochschule, Professor Harald Spehl, Martin Thomé von der Kueser Akademie und als Gastrednerin die Diplom-Psychologin Kathrin Latsch. Latsch macht zudem als Journalistin Dokumentationen für den Fernsehsender Arte und den Norddeutschen Rundfunk. Sie wurde mit ihrem Film "Fehler im Geldsystem?" bekannt, der von den Folgen von Zins und Zinseszins und den Bemühungen um Nachhaltigkeit im Geldsystem handelt.
Der automatische Alltag: Theresa Steffestun stellte die Frage, in wieweit Handeln und Denken zusammenhängen, denn viele Menschen in Bernkastel-Kues hätten sie gefragt, ob die Studierenden Praktiker oder Theoretiker sind. Wann handelt man im Alltag und wann denkt man bewusst darüber nach? Harald Spehl berichtete davon, dass er sich am Abend einen ruhigen Platz sucht und gedanklich nochmals den Tag Revue passieren lässt: "Das hilft mit, die Ereignisse des Tages zu verstehen, Distanz und Ruhe zu finden." Kathrin Latsch erklärte, dass das menschliche Gehirn eigentlich immer lerne, aber auch Routinen ausbilde: "Man macht zu 90 Prozent der alltäglichen Dinge automatisch."

Außergewöhnliche Situationen: Das eigentliche Nachdenken beginne immer in außergewöhnlichen Situationen: "Wenn Sie in England in einen Mietwagen steigen und feststellen, dass das Lenkrad rechts statt links ist, dann muss das Gehirn reagieren." Martin Thomé wollte sich nicht so recht festlegen, wann gehandelt und wann gedacht wird. Den Werbespruch "Denkst du noch - oder machst Du schon?" kritisiert er, denn das Machen sei nicht zwingend wichtiger als das Denken. Im Alltag sei man doch eigentlich immer am Nachdenken. Milch vom Biohof: Denn daraus folgere eine Haltung der Unvoreingenommenheit, mit der man neuen Herausforderungen begegnen könne. Etwas überrascht waren die Referenten, als ein Zuhörer sie mit der eher konkreten als philosophischen Frage: "Welche Milch trinken Sie eigentlich?" konfrontierte. Aber auch darüber lohne es sich nachzudenken, waren sich die Referenten einig, denn an dem Beispiel könne man erklären, wann Nachdenken beginnt. "Ich trinke Biomilch, aber zugegebenermaßen weiß ich nicht, woher sie stammt", sagte Thomas André. Theresa Steffestun sagte, dass die Milch für die Workshops der Cusanus-Hochschule bewusst von einem Biobauernhof aus der Region bezogen werde.

Gute Gefühle motivieren: Damit würde die Umwelt nachhaltig weniger belastet. Das sei eben ein Beispiel für denkendes Handeln. Harald Spehl fügte hinzu, dass man beim Denken und Handeln letzten Endes auch nicht das Fühlen vergessen sollte.
Denn gute Gefühle seien eine Motivation, mehr zu denken und zu handeln. Wie die vermeintlich schwere philosphische Kost beim Publikum ankam? Martha Commes aus Bernkastel-Kues/Wehlen sagte: "Das ist eine Bereicherung. Ich habe schon öfter mit den jungen Leuten gesprochen. Ich bin Friseurin und keine Philosphin, aber das ist schon interessant und eine Bereicherung." Maren Pflaumbaum aus Bernkastel-Kues ergänzt: "Für mich ist das ein Denkanstoß, auch mal rückwärts zu denken.
Im Ganzen ist das eine sehr fruchtbare Auseinandersetzung der Studierenden mit den Bürgern hier in Bernkastel-Kues."Meinung

Avantgarde an der Mosel
Mit ihrer ersten öffentlichen Veranstaltung haben die Dozenten und Studierenden der Cusanus-Hochschule einen guten Start hingelegt. Die Bevölkerung interessiert sich dafür, was die jungen Menschen dort machen, und das ist gut so. Auf den ersten Blick abstrakte Themen aus Philosophie und Ökonomie werden schließlich greifbar, wenn man überlegt, woher zum Beispiel die Milch kommt, die man trinkt. Aus nachhaltiger Landwirtschaft? Wie hoch ist die Umweltbelastung? Wie geht es den Kühen, die die Milch liefern? Das sind Beispiele für Fragen, die an der Cusanus-Hochschule gestellt werden können. In einer sich immer stärker wandelnden Welt lohnt es, über den Tellerrand hinaus zu blicken, neue Lösungswege jenseits der eingefahrenen "Bildungsgleise" der etablierten Universitäten zu finden. In Bernkastel-Kues ist gewissermaßen die Avantgarde der Wissenschaft angekommen - und die Bürgerschaft empfängt sie mit offenen Armen. Es ist klug, dass die Cusanus-Hochschule dabei auch versucht, die Bevölkerung von Bernkastel-Kues einzubinden. Aus diesem Dialog können sich neue Ideen entwickeln. Daher ist es wünschenswert, wenn auch in Zukunft weitere öffentliche Bildungsgespräche angeboten werden. hp.linz@volksfreund.de

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