Positive Anreize statt Drohungen

WITTLICH. (red) Erziehungsberatung einmal anders: Erstmals bot die Lebensberatung des Bistums Trier "Triple P" an, ein positives Elterntraining. Resonanz: positiv.

Der sechsjährige Jan sieht in seiner Schwester Nina eineRivalin. Täglich gibt es Auseinandersetzungen. Bei der Mutterführt das zu Zornesausbrüchen und zur Ablehnung ihres Sohnes. Derneunjährige Thorsten hingegen reagiert auf jede Anweisung seinerMutter mit einem Nein. Die Mutter fühlt sich hilflos. ZweiBeispiele für Probleme, bei denen sich Eltern im vergangenen Jahran die Lebensberatungsstelle des Bistums Trier in Wittlichwandten. Erstmalig führten die Wittlicher Lebensberater dabei- wie sie in dem jetzt vorgelegten "Jahresbericht 2002"unterstreichen - auch "Triple P" durch. "Triple P" steht für"Positive-Parenting-Program", ein positives Elterntraining. Es wurde in langjähriger Forschung in Australien entwickelt. An der TU Braunschweig wurden die Materialien übersetzt und an deutsche Verhältnisse angepasst. Das "Triple P" Programm basiert auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird ständig hinsichtlich seiner Wirksamkeit überprüft. Laut dem Konzept gestaltet sich Erziehung dann positiv, wenn Eltern sich um den Aufbau einer liebevollen Beziehung zum Kind bemühen, sich aber zugleich nicht scheuen, richtungsweisende Orientierungshilfen für das familiäre Miteinander zu formulieren und für deren Einhaltung konsequent Sorge zu tragen.

Im vergangenen Jahr hatten 1199 Kinder, Jugendliche und Erwachsene Kontakt mit dem Beratungsteam in der Schlossstraße. Die Lebensberatungsstelle rangiert damit wie in den vergangenen Jahren auch an ihrer Kapazitätsgrenze. Zusätzlich nahmen 1128 Menschen an Beratungs- und Weiterbildungsveranstaltungen teil.

Die Beraterinnen und Berater erläutern in dem Jahresbericht, dass "Triple P" den Eltern konkrete Erziehungshilfen an die Hand gebe.

In dem Training werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie Eltern den Prozess des permanenten Strafens durch ein "Anreizsystem für erwünschtes Verhalten" ersetzen könnten. Macht der Sohn beispielsweise seine Hausaufgaben nur unter lautstarkem Protest, werden die Eltern angehalten, die Hausaufgaben-Diskussionen auf beiden Seiten genau zu analysieren. Oft stellt sich heraus, dass das Kind nicht nur negatives Verhalten zeigt, obwohl nur noch dieses von den Eltern wahrgenommen wird. Hier gilt es, das, was gut läuft, zu bestärken und für flotte Hausaufgaben beispielsweise eine Partie Halma in Aussicht zu stellen.

Die Eltern lernen im Triple P-Training, auf der Einhaltung von Regeln zu bestehen, ohne aggressiv zu werden oder Liebe zu entziehen. Sie würden, so betonen die Berater, die Notwendigkeit erkennen, nicht zu drohen und zu diskutieren, sondern sofort zu handeln, falls ihre Anweisungen auf taube Ohren stießen. Grundvoraussetzung sei dabei, dass Eltern zunächst das eigene Verhalten und das ihrer Kinder genau beobachten.

Konkret erfolgt das Training in Gruppentreffen.

Zusätzlich wird zu verabredeten Zeiten am Telefon besprochen, wie die erlernten Strategien funktionieren. Alles in allem hätten die Eltern "Triple P" als hilfreich erlebt, aber zugleich auch gemerkt, dass die neue Linie in der Erziehung auch Anstrengung und Disziplin bedeute, so die Berater. Der Jahresbericht listet die Probleme auf, mit denen die Menschen sich im letzten Jahr an die Wittlicher Lebensberater wandten. Bei den Erwachsenen waren Kommunikationsprobleme, destruktives Streiten, Abgrenzungsschwierigkeiten zu Eltern und Schwiegereltern, Fragen der individuellen Lebensgestaltung sowie Trennungsabsichten wichtige Themen.

Trennung und Scheidung Themen bei Kindern

Kinder wurden in Wittlich vor allem beraten, wenn die Eltern unsicher in Erziehungsfragen waren, wenn es belastende Beziehungen zwischen Familienmitgliedern gab, wenn es zur Trennung oder Scheidung kam, wenn es Probleme bei Alleinerziehenden oder Ablösungsprobleme von Kindern gab.

Rund die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die zur Wittlicher Lebensberatungsstelle kamen, lebten nicht mehr in ihrer Ursprungsfamilie, sondern zum Beispiel bei einem alleinerziehenden Elternteil.

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