Preußische Höhenflüge

BITBURG/SAARBURG. Das Landesamt für Vermessung ergänzt die rheinland-pfälzischen Höhendaten. Viele der vorhandenen Höhenpunkte stammen – ebenso wie die Messtechnik – noch aus der Zeit der preußischen Landvermessung.

Mit der Nase am Autofenster wird sich so mancher schon als Kind gefragt haben: Was machen eigentlich die Männer mit den Latten am Straßenrand? Diese Frage könnte auch die Kinder in den Kreisen Bitburg-Prüm und Trier-Saarburg in naher Zukunft wieder beschäftigen. Das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation verdichtet derzeit das rheinland-pfälzische Höhenfestpunktfeld. Wichtig zum Erstellen genauer Karten

Das klingt abstrakt und kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach: Die Männer und Frauen mit den Latten messen an einigen zusätzlichen Stellen, wie hoch der Punkt, an dem sie stehen, über dem Meeresspiegel liegt. Die genaue Höhenlage möglichst vieler Punkte zu kennen, ist aus verschiedenen Gründen wichtig - zum Erstellen genauer Karten beispielsweise, zum Bauen oder für die Raumplanung. In die Planung einer Brücke sollten unter anderem deshalb genaue Höhendaten einfließen, damit die beiden Seitenteile sich in der Mitte über dem Fluss auch wirklich treffen. Auch Hochwasserschutz ist schwierig, solange nicht klar ist, wie hoch ein Ort liegt und wie hoch der Pegel steigt. Weil die Höhendaten so wichtig sind, werden sie in Deutschland seit mehr als 100 Jahren erfasst. Gelegentlich müssen sie, so wie jetzt, ergänzt werden. Alle 25 Jahre erneuert Rheinland-Pfalz sämtliche Messungen. Das steht im kommenden Jahr wieder an. Ziel des Landes sei es, im Schnitt in jedem der etwa 20 000 Quadratkilometer in Rheinland-Pfalz einen vermessenen Höhenpunkt zu haben, sagt Gerhard Kabel vom Landesamt für Vermessung. Die Messungen erfolgten linienhaft alle 300 bis 500 Meter entlang von Straßen. Die Höhe über dem Meeresspiegel zu erfassen funktioniert - den Latten sei Dank - obwohl das Meer weit weg ist. Die einfacheren Geräte sind zwischen drei und fünf Metern lang, im Fünf-Zentimeter-Abstand rot-schwarz gestreift und nach Dezimetern beschriftet. Vereinfacht dargestellt funktioniert die Messung so: Zwei Menschen stellen sich mit ihren Latten in einigem Abstand voneinander auf und ein Dritter liest aus der Mitte mit Hilfe eines Fernrohrs den Höhenunterschied ab. "Die Höhenunterschiede werden dann von einem zum nächsten Punkt aufsummiert", und so ergäben sich die Höhenwerte, sagt Kabel. Gut, aber woher weiß man denn, wie hoch der erste Punkt lag? Das zu beantworten, erfordert einen kleinen Exkurs in die Geschichte - denn neu ist die Messlattentechnik nicht. Schon die alten Preußen waren bei ihrer Landesaufnahme 1877/1878 mit Latten unterwegs. Damals ging es allerdings statt um Hochwasserschutz und Brückenbau um Truppentransporte und neue Eisenbahntrassen. Von einem 37 Meter über Normalnull (NN) liegenden Referenzpunkt an der Berliner Sternwarte aus überspannten sie Deutschland Schritt für Schritt mit einem Netz aus Höhenpunkten. Trotz ihres Alters stimmen die preußischen Daten bis auf ganz geringe Abweichungen mit den neuesten Messergebnissen überein. "Die waren clever, die Burschen", sagt Kabel "und das hat uns so gut gefallen, dass wir es heute immer noch so machen." Messungen beziehen sich auf Amsterdamer Pegel

Alle Höhenangaben in Deutschland bezogen und beziehen sich auf den Amsterdamer Pegel. Dieser gilt als mittlerer Wasserstand der Nordsee - er liegt auf Meereshöhe, also null Meter über Normalnull. Da die Berliner Sternwarte zwischenzeitlich abgerissen wurde, musste der deutsche Bezugspunkt umziehen. Er befindet sich nun auf 54,638 Meter über dem Amsterdamer Pegel bei Hoppegarten, östlich von Berlin. Bis Mitte August sind Messtrupps in der Umgebung Saarburgs und nordöstlich von Bitburg unterwegs. Ab Mitte August messen sie im Großraum zwischen Bitburg und der luxemburgischen Grenze.

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