Prinzen, Pappnasen und die Presse

BERNKASTEL-WITTLICH. Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Gott sei Dank. Das denken sogar eingefleischte Narren. Schließlich ist Fastnacht feiern kein Kinderspiel. Die Füße hochlegen können nun auch die TV -Karnevalsreporter, die es noch schwerer haben als die Aktiven. Denn wer glaubt, dass der Karnevals-Mitarbeiter-Marathon immer nur Spaß macht, der irrt.

Es gibt Jecken und Karnevalsmuffel. Das ist bekannt. Doch manche Menschen haben einfach keine Wahl. Dazu gehören Sitzungspräsidenten, Angehörige von Narren - und Mitarbeiter des TV . Denn da muss ich als Mitarbeiter durch - das sagt zumindest der Mosel-Lokalchef. Wen wundert's? Schließlich hat er 35 Kappensitzungen im Terminbuch und für diesem Tag nur etwa zehn freie Mitarbeiter zur Verfügung.Vom Stress mit den Bildern

Macht nach Adam Riese pro Mitarbeiter, ääh … Egal, das muss sein. Schließlich wollen alle Karnevalsvereine besucht werden. Glück gehabt. Nur drei Kappensitzungen an einem Samstag Abend soll ich besuchen. Und alle um 20.11 Uhr. Puuh. Wie fahre ich denn am besten? Wo gehe ich zuerst hin? Wie lange bleibe ich? Wenigstens das "Einmal-quer-durch-die-Eifel-fahren" - das bleibt mir erspart. Meine Terminorte liegen nur etwa 20 Minuten auseinander. Samstag Abend, kurz vor 20.11 Uhr: Ich freue mich auf die Termine, mittlerweile kenne ich die Vereine und die Oberjecken. Manche drücken dem Reporter schon beim Eintreffen das Programmheft in die Hand. Dafür sind die Berichterstatter dankbar, um so stärker können sie sich auf das Bildermachen konzentrieren. Das mach ich jetzt auch. Hüpfende Funkenmariechen, fein heraus geputzte Prinzenpaare, wild gestikulierende Büttenredner. Motive, Motive, Motive. Und die Bühne "super ausgeleuchtet", wie der Verein bestätigt. Herrlich. Super ausgeleuchtet? Oh Schreck, das ist Kunstlicht. Na ja, dann bekommen eben alle Bilder einen Blaustich. Und wenn es noch dicker kommt, wird bei jedem Vortrag und jeder Tanzdarbietung die Nebelmaschine eingesetzt. Wenigstens kann ich direkt gucken, ob die Bilder gut geworden sind. Digitaltechnik sei Dank. Es klappt. Die Bilder sind im Kasten, das Programmheft habe ich in der Tasche, ein paar knackige Zitate in meinem Block. Da kann ich es mir ja endlich mal gemütlich … "Du bleibst ja aber bis zum Ende", flüstert der Vorsitzende in mein Ohr. ÄÄh. "Nee, sorry, ich hab noch den ein und anderen Termin, leider." Mein Standardspruch, den alle Mitarbeiter in den sechs Wochen der Session wohl im Schlaf aufsagen können. Ein Blick auf die Uhr. Nix wie weiter. Ein schneller Abschied beim Vorsitzenden, ein Sprint zum Wagen. Die nächste Sitzung. Bereits am Eintritt die närrische Ernüchterung. "Guten Abend, ich komme vom Volksfreund ". "Toll für dich, das macht sechs Euro", sagt der freundliche Mann mit dem Hütchen und der roten Nase. "Hey, die Presse hat doch frei", schallt es aus dem Hintergrund. Ich bin drin. Nun alles der Reihe nach. Ein Bild machen, das Programm vom Ehrentisch des Bürgermeisters klauen und ab durch die Mitte. Die Gardemädchen sind gar nicht schlecht. Mmh-mmh. Da könnte man ja noch ein Bild … Au weia, schon wieder zu spät. Auf zum letzten Termin. Je nach dem, wie es dort zugeht, kann ich ja etwas länger bleiben. Völlig stressfrei "Oh, Helau, guten Abend, die Presse ist da. Dein Platz ist direkt vorne an der Bühne, das Programm bringe ich dir an den Tisch". Ein netter Narr. Toll, so arbeitet man gerne. Und ich habe mich noch nicht einmal vorstellen müssen, geschweige denn wollte jemand Eintritt von mir. Kaum sitze ich am Tisch und habe der lokalen entmachteten Narrenprominenz einen fröhlichen Abend gewünscht, taucht schon wieder der nette Vereinsmensch auf und drückt mit eine Pressemitteilung mit komplettem Programm in die Hand.Vom Glück mit den Vereinen

"Reicht dat denn?", fragt er. "Vielen Dank, und wenn du jetzt noch die Bilder machen könntest", flachse ich. Und schon steht ein Begrüßungsbier vor meiner Nase. Ach ja… "Nun begrüßen wir noch unseren Freund von der Presse", sagt der Sitzungspräsident. Wer, ich? Muss wohl so sein. Der Narrhallamarsch erklingt, zwei Funkenmariechen haken mich unter und schon stehe ich auf der Bühne. Und auf der Bühne wartet - schon Ihre Lieblichkeit, die Prinzessin, mit einem Orden auf mich. "Dat is doch nett, hier bleibt ich noch ein bisschen länger", denke ich. Und tue es auch. Weiteres erspare ich den Lesern - aus Platzgründen. Und am nächsten Morgen - auch wenn das Aufstehen schwer fällt - macht es mir Spaß, über drei Kappensitzungen zu schreiben. Der Stoff geht mir sicher nicht aus. Die nächste Session kommt bestimmt.

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