"Provinz-Posse" zieht weitere Kreise

WITTLICH/SOLINGEN. "McDonald's statt Meistermann?" fragt das Solinger Tageblatt in einem großen Artikel seiner Ausgabe vom 16. Juli. In der Geburtsstadt Georg Meistermanns ist man auf die Wittlicher Diskussionen rund um das städtische Meistermann-Museum aufmerksam geworden und erklärt sie zur "Provinz-Posse".

Aus Solingen erhalten die Säubrenner eine kulturpolitische "Rote Karte". In einem Artikel wird geschildert, dass zwar auf Wunsch Georg Meistermanns im Alten Rathaus dessen Lebenswerk dokumentiert werde, aber das sei eine trügerische Idylle. Der Grund: Nach "einem kommunalpolitischen Machtwechsel" sei das Museum "seit 2001 massiv in die Schusslinie einer Gruppe von Kritikern" geraten. Das hätten auch die übrigen Wittlicher erkannt, das "Gegenlager" der "Pro-Meistermänner": "Um gegenzusteuern, formierte sich ein Freundes- und Förderkreis."Eine Art Silberstreif am Horizont sei allerdings, "dass sich die Grundschule am Jahnplatz in Georg-Meistermann-Grundschule Wittlich" umbenannt habe. Ansonsten hat man für das Verhältnis der Wittlicher zum Vermächtnis des bekannten Glas-Malers in Solingen wenig Verständnis: Den Kritikern des Meistermann-Museums stünden "Wein- und Altstadtfeste traditioneller Prägung deutlich näher als das Opus Meistermanns". Dass die Bürgermeister-Neuwahl als Auftakt der "Provinz-Posse" terminiert ist, wird vom Autor Wilhelm Rosenbaum wie folgt belegt: Der neue Verwaltungschef habe nicht nur "den Kulturausschuss auflösen und im Bereich Wirtschaft und Stadtmarketing" ansiedeln wollen, sondern er habe in einem Radio-Interview einmal gesagt, er wolle "den Bürger-Service ins Rathaus-Gebäude bringen, eine Kinderbetreuung und einen Paketservice, wo Leute ihre Päckchen und Geschenke unterstellen können für die Zeit des Einkaufs". Das, so wissen die Wittlicher, blieb eine Idee, und sie wissen auch, dass ihre Säubrennerkirmes kein einfaches Weinfest ist, das auch von der Lokalprominenz der "Schwebender-Punkt"-Mitglieder traditionell mitgefeiert wird. Ansonsten hat der Verfasser die Fakten sorgsam zusammen getragen. "Ich habe eine ganze Menge Archivarbeit leisten müssen", sagt Wilhelm Rosenbaum. Er kennt das Museum und ist erst durch Meistermann auf Wittlich aufmerksam geworden. Nun kennt er auch die in der Verwaltung angedachte Strukturreform und die passenden Ratssprüche, um die "Fortsetzung des provinziellen Kunst- und Kommerz-Diskurses" zu belegen: "Die Idee einer Kunstboutique in Museumsräumen, einer Künstlerkneipe wurde geboren, an die Spitze setzte sich jedoch ein Ratsherr mit dem eher schlichten Statement, er könne sich auch McDonald's" darin vorstellen.Gewendet habe sich das Blatt für das Museum, das Ministerpräsident Kurt Beck als Glanzstück rheinland-pfälzischer Kultur würdigte, bislang nicht. Im Gegenteil: Der für den Kulturbetrieb gravierende, knappe Stadtratsbeschluss zur Änderung der Benutzerordnung mache nun "eine Hochzeitsmesse vor der Gemälde-Deko" möglich. Gegen Ende taucht Kulturamtsleiter Justinus Maria Calleen auf, nebst dem "Quasi Maulkorb" – verpasst vom Bürgermeister in Sachen Begrüßung des potenziellen Laudators Oskar Lafontaine anlässlich der Hrdlicka-Vernissage in der Galerie Anne Bose (der TV berichtete). Warum den Solinger das Thema interessiert?: "Seit 40 Jahren schreibe ich immer wieder über Meistermann. Außerdem haben wir hier in Solingen mit einem Museum ein ähnliches Problem." Sein Fazit: "‚Diese Stadt ist eine ziemliche Tortur’, hieß 1984 das harsche Urteil des professionellen Provokateurs Georg Meistermann über seine Geburtsstadt Solingen. Folgt 15 Jahre nach dem Tod Meistermanns die nächste Tortur in Wittlichs Mauern?"

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