Räuber überfällt Minister

WITTLICH. Ausgelassene Stimmung herrschte zeitweise bei der Eröffnung der Ausstellung "Unrecht und Recht” im Amtsgericht Wittlich. Anlass für die Heiterkeit unter den Juristen und Vertretern öffentlicher Institutionen war ein Überfall der "Schinderhannes-Bande”.

 Ausgelassene Stimmung: Die Schinderhannesbande mischt die Vernissage im Amtsgericht auf.Foto: Nora John

Ausgelassene Stimmung: Die Schinderhannesbande mischt die Vernissage im Amtsgericht auf.Foto: Nora John

Vielerlei Anlässe konnte der Direktor des Wittlicher Amtsgerichtes als Gründe für die Feierlichkeiten in den ehrwürdigen Hallen der Gerichtsbarkeit nennen. Da war zum einen das 200. Jubiläum des Wittlicher Gerichtes, zum anderen die Eröffnung der Ausstellung und auch die jetzt abgeschlossene Renovierung des Gebäudes. Damit hatte auch der Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin, sein Versprechen eingehalten, nach Abschluss der Arbeiten noch einmal das Wittlicher Amtsgericht zu besuchen.Minister Mertin ging in seiner Rede auf die Geschichte der Gerichtsbarkeit ein. Er erinnerte an Zeiten, in denen die Gerichtsverhandlungen noch nicht öffentlich waren. Damals sei das Geständnis die "Krone der Beweise" gewesen. "Ganz gleich wie es zu Stande kam." Mit Foltermethoden seien die Verdächtigen so bald zu einem Geständnis gezwungen worden. Die auf die nicht öffentliche Gerichtsverhandlung folgende öffentliche Sitzung sei nur noch eine Farce gewesen. "Folter ist das Mittelalter und da gehört sie auch hin", machte Mertin deutlich. Er erinnerte an den Fall Metzler, wo das Thema noch mal in die öffentliche Diskussion gekommen sei.Kaum hatte Mertin wieder seinen Platz eingenommen, wurde es turbulent im Saal. Plötzlich waren Schüsse auf dem Gang zu hören und eine wilde Räuberbande stürmte den Sitzungssaal. Laut krakeelend verkündeten sie, dass sie die Schinderhannes-Bande seien und stimmten Räuberlieder an. Bei so viel guter Laune fürchteten sich die Festgäste aber nicht, sondern stimmten fröhlich klatschend mit ein. Dass sie tatsächlich in "räuberischer” Absicht unterwegs sind, wie seinerzeit der Schinderhannes, erklärte ihr Hauptmann. Jedes Wochenende überfalle man Jubiläen, Vereinsfeste oder sonstige Feierlichkeiten, um für krebskranke Kinder zu sammeln. Auch Peter Sauer wollten sie an den Geldbeutel, aber stattdessen schwenkten die Banditen zur allgemeinen Erheiterung plötzlich einen schwarzen Spitzen-BH, der scheinbar aus der Jackentasche des Amtsgerichtsdirektors stammte. Der Hut der anschließend rumging, brachte schließlich aber noch reiche Beute für den guten Zweck.Dann wurde es wieder ernsthaft, und es ging um die Ausstellung, die die Geschichte der Kriminalität und Gerichtsbarkeit in den vergangenen 500 Jahren dokumentiert. Beschrieben sind an den Stellwänden zum einen die Hexenverfolgungen und die Foltermethoden, die damals angewendet wurden, um Geständnisse zu erpressen.Aber auch um Delikte und ihre Bezeichnungen zu verschiedenen Zeiten geht es auf einer weiteren Stellwand. So war zum Beispiel das "Licht-Löschen im Wirtshaus" ein Vergehen früherer Zeiten. Auch die Strafen, die zu verschiedenen Zeiten angewandt wurden, werden gezeigt.Dass man früher nicht zimperlich war, zeigen auch verschiedene Fallbeispiele. So erfährt der Ausstellungsbesucher beispielsweise von der Vaganten-Familie Jobs, die bettelnd und stehlend durch die Lande zog, weil der Vater durch eine Verletzung nicht mehr in der Lage war, sein Geld durch Arbeit zu verdienen. Obwohl man der Familie nichts nachweisen konnte, bekamen Vater und Sohn "vorsorglich" jeder zehn Strafschläge.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort