Raps soll die Rettung bringen

WITTLICH. Grundsätzlich könnte jedes Nahwärmeheizwerk mit Energiepflanzen befeuert werden - auch jenes, das für das Konversionsgebiet Wittlich in der Diskussion ist. Kreisbauernchef Manfred Zelder erläutert, warum Landwirte als Energiewirte eine sorgenfreiere Zukunft haben könnten.

Nicht nur die Bewirtschaftung des eigenen Hofes steht für Manfred Zelder, den Vorsitzenden des Bauern- und Winzerverbandes Bernkastel-Wittlich, im Vordergrund. Als Verbandschef muss er sich auch Gedanken um die Zukunft seines Berufsstandes machen - und da sind angesichts des Strukturwandels und der EU-Osterweiterung die Voraussetzungen nicht gerade die besten. Umso mehr sind Ideen gefragt. Zelder nimmt gerne das Wort von der multifunktionalen Landwirtschaft in den Mund. Der moderne Bauer sei längst viel mehr als nur der Erzeuger von Lebensmitteln. "Unser Berufsstand hilft entscheidend mit bei der Erhaltung gewachsener Kulturlandschaft", bemerkt Zelder. Daneben rücke der Landwirt immer stärker auch als Energiewirt in den Mittelpunkt. Energiepflanzen seien das Gebot der Stunde. Ähnlich wie Pellets Holzhackschnitzenheizung können auch energiereiche Pflanzen für Nahwärmeheizwerke eingesetzt werden. Über Heizkraftwerk wird diskutiert

Über die Möglichkeit, ein modernes Heizwerk im Konversionsgebiet Wittlich einszusetzen, haben Zelder und Stadtbürgermeister Ralf Bußmer bereits im Haus der Landwirtschaft diskutiert. Dort wird bereits mit regenerativer Energie geheizt - mit Rapsöl. "Wir hatten anfänglich Bedenken wegen der Wirtschaftlichkeit", räumt Zelder ein. Seit aber der drohende Irak-Krieg die Preise für Heizöl nach oben getrieben habe, rechne sich die Anlage auf jeden Fall. Nicht nur die Unabhängigkeit von der Weltpolitik spreche für weitere Heizanlagen mit regionalen Energieträgern. Auch kurze Transportwege und die hohe ökologische Verträglichkeit sließen darauf hoffen, dass zahlreiche in ihrer Existenz gefährdete landwirtschaftliche Betriebe durch neue Produktionsschwerpunkte erhalten bleiben könnten. Ein Nahwärmeheizwerk im Konversionsgebiet könnte ein Zeichen setzen, glaubt Manfred Zelder. Neben Gülle, Rapsöl, Stroh, Hackschnitzel oder Holzpellets kämen auch andere Rohstoffe als Brennmaterial in Frage. "Zum Beispiel bestimmte alte Weizensorten oder das in Polen gezüchtete Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, das im ganzen Wittlicher Tal wächst", so Zelder. Aber auch so genannte Ko-Fermente wie Silomais, Futterrüben und energiereiches Gras. Da Gras wie auch Getreide als Brennstoff statt hoher Mengen Eiweiß entsprechend viel Stärke enthalten müsse, seien extensiv bewirtschaftete Flächen, also wenig gedüngte Wiesen, ideal. Auch das völlig unkomplizierte Chinaschilf, heute schon als Zugabe im Armaturenbrett, im Fensterrahmen und als Verpackungsmaterial genutzt, könne laut Zelder von den Bauern geliefert werden. Es gedeiht ohne Zugabe von Dünger auf feuchten Böden, die sich überall in Tallagen finden und muss lediglich geschnitten werden. Die Fragen, die vor jeder Planung entschieden werden müssen, lauteten: Wollen wir Strom, Wärme oder beidesgleichzeitig erzeugen und in welcher Menge? Danach richteten sich Brenner und Brennmaterial und die Frage, wie viele regionale Erzeuger- und Verarbeitungsbetriebe davon profitieren könnten. Einige rechtliche und abgastechnische Hürden gelte es noch zu überwinden. Aber da ist Zelder zuversichtlich. "Die Landwirtschaft im Wittlicher Tal und darüber hinaus steht jedenfalls Gewehr bei Fuß", sagt er. Eine verstärkte Zusammenarbeit von Kommunen und Bauern wünscht er sich, damit nicht noch mehr landwirtschaftliche Fläche brach liegt und als Kulturlandschaft verloren geht. Auch die Wittlicher Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide, mit dessem Vorsitzenden Hans-Josef Götten Zelder in engem Kontakt steht, zeigt sich flexibel. Götten: "Sobald Nachfrage nach speziellen Brennstoffgewächsen besteht, werden wir uns darauf einstellen." Zwei Liter Heizöl haben etwa den gleichen Brennwert wie ein Kilogramm Getreide. Rund 1000 Liter Rapsöl erzeugt man auf einem Hektar Land. Die Energiepflanze Raps ist komplett nutzbar: Das Öl als Brennstoff, der übrige "Rapskuchen" als hochwertiges Viehfutter.

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