Reise in der Silberwolke

BERNKASTEL-WITTLICH. Rund 50 "Rolls-Royce-Enthusiasten" haben mit ihren Luxus-Gefährten Station an der Mosel gemacht. Mit der Zurückhaltung und Liebenswürdigkeit vornehmer Briten erzählen sie von ihrer Leidenschaft.

 Durch und durch britisch: Annie (87) und Bill (85) Bentman nennen vier Rolls-Royce ihr eigen.Foto: Christiane Wolff

Durch und durch britisch: Annie (87) und Bill (85) Bentman nennen vier Rolls-Royce ihr eigen.Foto: Christiane Wolff

Vom englischen Queuing - dem ordentlichen Schlangestehen - haben die Schüler, die an der Trarbacher Anlegestelle schubsend und drängelnd das Ausflugsschiff stürmen, wohl noch nie etwas gehört. Die Blicke der distinguierten Rolls-Royce-Liebhaber sind daher skeptisch - da vermag auch der aus der Heimat vertraute Regen nicht zu entspannen. Aber als alle ihren Platz an Bord gefunden haben und am Moselufer langsam Gonzlay, Rißbach und Kövenig vorbei ziehen, kommen die elegant-sportiven Ladies und Gentlemen ins Plaudern. "Wir haben Freunde in der ganzen Welt", sagt Peter Cameron, der den Ausflug an die Mosel organisiert hat. Vor zwei Jahren sind 200 Klub-Mitglieder durch Malaysia getourt. "Wir waren bei zwölf Sultanen zum Essen eingeladen", erzählt der Cord-Hosen-Träger. Kein Besitz, sondern Glück auf Zeit

Ein Hauch von Aristokratie, Luxus und vornehmer Zurückhaltung umgibt die "Rolls-Royce-Enthusiasten" - wie sie sich offiziell nennen. Aber elitär zu sein weisen sie weit von sich: "Unsere Gemeinsamkeit ist, dass wir Rolls-Royce lieben, nicht, dass wir reich sind", betont Cameron, der in seiner Zeit als Banker die ganze Welt bereiste. Einen Rolls-Royce zu fahren sei auch kein solches Privileg mehr wie in früheren Zeiten. "Mein 1936er Rolls-Royce kostete seinerzeit 12 000 Pfund, ein Haus gab es damals für 200 Pfund. Aber heute sieht man in London jeden Tag diese besten Wagen der Welt", sagt Cameron, der sich das Logo der Landesgartenschau Trier als Anstecknadel an sein Revers gesteckt hat. Dann wird der Leiter der Gruppe, die bis Montag im Weinromantikhotel Richtershof in Mülheim residiert, philosophisch: "Wir betrachten uns nicht als Besitzer der Autos, sondern wir genießen es, die Rolls-Royce eine Zeit lang fahren zu dürfen, bevor wir sie an jemand anderes weitergeben." Zwar hat der Klub auch ein Mitglied aus Trier, nämlich Gilbert Haufs-Brunsberg, Besitzer der Veldenzer Burg, aber die Idee, eine Reise an die Mosel zu unternehmen, kam von Cameron. "Zuletzt war ich an Weihnachten hier, davor im September und davor im Juni. Früher war ich oft am Rhein, aber seit ich das erste Mal beim Weingut Schumann in Lieser Urlaub gemacht habe, ziehe ich das Moseltal vor." Mit 29 Autos des Typs Silver Cloud sind die Engländer nach Mülheim gereist. "Ich liebe die Qualität des Leders und des Holzes", schwärmt John Fox, ehemaliger Kameramann beim englischen Fernsehsender BBC. Sein Silver Cloud III von 1964 besteht nur aus Original-Teilen. Um den Hals seiner Frau baumelt eine Miniaturausgabe der "Spirit of Ecstasy", der Emily genannten Kühlerfigur aller Rolls-Royce. "Man muss die Autos lieben, will man die Frau eines Rolls-Royce-Liebhabers sein", sagt die weißhaarige Waliserin halb lächelnd, halb resigniert und nippt an ihrer Teetasse. Der Bentley von Apollonius Nooten-Bloom dem Zweiten ist altrosa. "Die Frauen lieben die Farbe", zwitschert der graumelierte Schmuckformen-Hersteller, gestikuliert exzentrisch mit seinen mit Siegelringen verzierten Händen und beteuert: "Im Klub sind alle gleich - Adel und Arbeiterklasse." Bill Bateman ist Autohändler - und das seit fast 70 Jahren. In den 60ern war er einer der ersten BMW-Händler in Großbritannien, aber sein Herz gehört den Oldtimern. Seine Tochter Anne hat ihn, seine Ehefrau und seinen Schwiegersohn den ganzen Weg vom Lake District im Norden Englands nach Mülheim in einem 1956er Rolls-Royce chauffiert. Zu Hause hat der 85-Jährige, der ein Museum mit über 40 Classic-Cars besitzt, drei Rolls-Royce im täglichen Gebrauch. "Es ist die in der Technik liegende Ästhetik, die ich liebe", sagt Bill. Seine Frau Annie hat ihren eigenen Rolls Royce. Nur wenn‘s mal schnell gehen muss - dann steigt die 87-jährige Lady lieber in ihren Golf GTI.

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