Rendezvous im Kult-Coupé

LÖSNICH. Immer langsam voran. Die Regel gilt für Isetta-Fahrer. Das Gefährt hatte seine Blütezeit in den 50er und 60er Jahren. Es gibt aber immer noch viele Liebhaber dieses besonderen Fahrzeugs.

Im August 1982 kam Werner Stefer zum ersten Mal als Urlauber an die Mosel. Mit dem Fahrrad war er seinerzeit samt Familie mehrere Tage am Fluss unterwegs. Stolz zeigt er eine große Übersichtskarte von damals. Sie ist voller Notizen und Hinweise. Kaum ein Ort zwischen Koblenz und Trier ist da unberührt. Nicht, dass Stefer damals das gesamte Gebiet kennen gelernt hätte: Aber seit 1982 ist er Moselfan. Seit zehn Jahren erkundet er die Mosel sogar mit einem speziellen Gefährt: einer Isetta. Dieses Fahrzeug feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Seine Charakteristika neben der Größe: die einzige Tür geht nach vorn auf, und hinten stehen die Räder noch nicht einmal halb so weit auseinander wie vorne. Und es finden auch nur zwei Personen darin Platz. Gebaut wurde die Isetta Mitte der 50er und Anfang der 60er Jahre in einer 250 ccm-Version (12 PS) und in einer 300 ccm-Version (13 PS). Darf man da überhaupt von einem Auto sprechen? "Es war damals ein Motorrad-Ersatz", klärt Werner Stefer auf. Leute, die besser gekleidet zur Arbeit fuhren, hatten in dieser Aufschwungphase nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem so genannten Motocoupe endlich ein Dach über dem Kopf. Der Boom dauerte aber nur ein paar Jahre. Als der "Käfer" und andere Autos vom Band rollten, sei die Isetta nur noch "Arme-Leute-Ersatz" gewesen, sagt Stefer. Dabei kostete die Isetta den für damalige Verhältnisse stolzen Preis von 2850 Mark. Thorsten Schomburg fährt mit der Isetta zur Arbeit

In Stefers Familie gab es ein solches Gefährt, auch Manfred Weinmann und Thorsten Schomburg berichten von frühen Isetta-Erfahrungen. "Ich habe meine Frau Iris in einer Isetta kennen gelernt", erzählt Weinmann. So kommt es, dass alle drei seit vielen Jahren eine Isetta besitzen. Thorsten Schomburg fährt damit sogar zur Arbeit. Einmal im Jahr kommen sie mit ihren Gefährten an die Mosel und erkunden die Gegend. Für den Transport aus ihren nordrhein-westfälischen Heimatorten (Wipperfürth, Wuppertal und Radevormwald) benutzen sie allerdings Anhänger, die an ihre "richtigen" Autos angekuppelt werden. Werner Stefer verspürt regelmäßig den "Drang zur Mosel". Damit hat er seine beide Freunde angesteckt. "Es ist schön, durch die kleinen Ortschaften und durch die Weinberge zu fahren", sagt Thorsten Schlomburg. Kennen gelernt haben sie sich über den Isetta-Club, dem 1600 Mitglieder angehören. Ihr Quartier haben sie bisher in verschiedenen Orten genommen - seit dem Jahr 2004 beim Weingut Orthmann-Hewel in Lösnich. "Da haben wir das große Los gezogen", sagt Werner Stefer über den Betrieb, der mitten in den Weinbergen liegt und über ein separates Gästehaus verfügt. Jeden Tag begeben sie sich von dort auf eine Tour. 85 Stundenkilometer sind dabei das höchste der Gefühle, das Trio fährt aber nur mit 60 bis 65 "Sachen" durch die Region, an Steigungen sind nur 20 Stundenkilometer möglich. Isetta ist eine Marke der Firma BMW. "Eine Zeitlang hat sich BMW dafür geschämt. Danach hat die Firma aber bemerkt, dass es sich um einen Sympathieträger handelt", sagt Werner Stefer. Am Wochenende fanden 120 Isettas den Weg zu ihrer Fertigungsstätte nach München. Werner Stefer, Manfred Weinmann und Thorsten Schomburg haben vor, noch oft den Weg an die Mosel zu finden.

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