Rollis müssen draußen bleiben - Neue Touristenbahn in Bernkastel-Kues hat konstruktionsbedingt keine Rampe

Bernkastel-Kues · Am Wochenende ist erstmals die neue Stadt- und Panoramabahn durch Bernkastel-Kues gefahren. Sie hat - im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin - geschlossene Wagen, verfügt aber nicht über eine Rampe für Rollstuhlfahrer. Das bemängelt der Bundesverband der Körperbehinderten.

 Anita Reichert (Mitte) und Jana Treffler (rechts) beschweren sich darüber, dass Rollstuhlfahrer nicht mitfahren können. TV-Foto: Lena Mart

Anita Reichert (Mitte) und Jana Treffler (rechts) beschweren sich darüber, dass Rollstuhlfahrer nicht mitfahren können. TV-Foto: Lena Mart

Foto: Lena Mart

"Notfalls klagen wir! Das ist Diskriminierung". Anita Reichert aus Brauneberg ist sehr verärgert. Sie ist stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Körperbehinderte und wollte mit der neuen Touristenbahn in Bernkastel-Kues fahren (der TV berichtete mehrfach). "Ich habe vorher bei der Moselbahn angerufen, dort aber erfahren, dass die Wagen keine Rampe haben, um Rollis aufzunehmen", beschwert sich Reichert gegenüber dem TV.

Dennoch kam sie mit Jana Treffler aus Sachsen, Mitglied im Vorstand des Bundesverbands Selbsthilfe, nach Bernkastel-Kues, um am vergangenen Samstag die erste Fahrt der Bahn zu beobachten. Die querschnittsgelähmte Jana Treffler sagt: "Im Eifelpark in Gondorf sind wir schon mit so einem ähnlichen Wagen gefahren, der war behindertengerecht."

Der Eifelpark Gondorf teilt auf TV-Nachfrage allerdings mit, dass diese speziellen Wagen mit erheblichem Mehraufwand extra nachgerüstet worden sind.

Reichert sagt: "Wir wollten mitfahren, weil wir den großen Artikel im TV gesehen hatten. Ich hätte nicht gedacht, dass das nicht geht. "UN-Konvention


Sie fordert, dass die Bahn doppelte Türen erhält und Sitzbänke ausgebaut werden, damit Rollstuhlfahrer Platz haben. Sie erinnert daran, dass es die UN-Konvention für die Rechte Behinderter gebe, zu der das Land einen Aktionsplan entwickelt habe.

Rolf Tödtmann, Geschäftsführer der Moselbahn, hat für den Ärger Verständnis, erklärt aber, dass es keine andere Lösung gebe: "Wir haben mit dieser 300 000 Euro teuren Bahn nun die dritte Generation am Start - es gibt aber keine Bahn dieser Art am Markt, die barrierefrei ist." Was möglich sei, sei gemacht worden. Unter anderem gebe es in jedem Wagen eine hochklappbare Sitzfläche, sodass ein Rollstuhlfahrer mit Hilfe hineingehoben werden könne. Tödtmann betont: "Ein barrierefreier Einstieg ist am Markt nicht verfügbar."

Was die UN-Konvention und eine mögliche Klage betreffe, kontert Tödtmann: "Es gibt klare Vorgaben für den ÖPNV, der im Sinne der gesetzlichen Daseinsvorsorge behindertengerecht ausgebaut werden muss. Vielfach fahren schon Niederflurbusse im Personenverkehr. Aber hier handelt es sich um eine touristische Attraktion in Form eines privaten Angebots der Moselbahn. Das ist ein Unterschied."

Jörg Lautwein, Geschäftsführer der Tourist-Info in Bernkastel-Kues, sagt auf TV-Nachfrage"Wir würden eine barrierefreie Touristenbahn begrüßen, aber wir können einem privaten Anbieter keine Vorschriften machen." Soweit wie möglich wolle man die Sehenswürdigkeiten in Bernkastel-Kues barrierefrei zugänglich machen. So werde derzeit die Burg Landshut behindertengerecht ausgebaut. Und auch die Räume der Tourist-Info seien inzwischen barrierefrei und als solche zertifiziert.Meinung

Kritik an die Richtigen richten
Der Ärger ist absolut verständlich. Wenn ein modernes Bussystem für touristische Zwecke angeschafft wird, dann sollte man erwarten können, dass es auch behindertengerecht ist. Das ist es (noch) nicht. Deshalb sollte sich die Kritik aber nicht an den Betreiber richten, denn er hatte offenbar keine Wahl. Und auch die rechtliche Situation scheint nicht ganz eindeutig zu sein. Die Kritik sollte sich besser an die Hersteller solcher Touristenbahnen und an den Gesetzgeber richten. Der könnte dann Vorschriften für die Hersteller erlassen, die dann ensprechende Lösungen entwickeln müssten. hp.linz@volksfreund.de

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