Romantik mit deutschem Akzent

Kaum eine Werkgattung in der Orgelmusik ist so mit Frankreich und dem dortigen romantischen Instrumententyp verknüpft, wie die Symphonie. Das auch die Orgel der Abteikirche in Himmerod für die Darstellung dieses Genres geeignet ist, belegte der englische Organist David Briggs beeindruckend.

 David Briggs spielte in der Abtei Himmerod. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

David Briggs spielte in der Abtei Himmerod. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Himmerod. (gkl) Für manch einen war alleine schon der letzte Satz, der im Konzert des Engländers David Briggs in der Abteikirche Himmerod erklang, Grund genug, in die Eifel zu fahren. Es erklang die Toccata aus der fünften Symphonie für Orgel von Charles Marie Widor, für viele neben Toccata und Fuge in d-Moll von Johann Sebastian Bach der Inbegriff von Orgelmusik schlechthin. Diesmal aber stand Widors populärste Teilkomposition nicht separat, um die Virtuosität des Solisten zu belegen. Briggs hatte, und alleine dafür schon muss man ihm Dank zollen, die gesamte Symphonie auf sein Programm gesetzt. Auch schon der Beginn des nunmehr sechsten Konzertes des Himmeroder Orgelsommers war mit Louis Viernes dritter Symphonie für Orgel aus diesem klanggewaltigen Genre rekrutiert. Eine französisch-symphonische Orgel, so wie man sie beispielsweise aus Paris kennt, ist die Abteiorgel in Himmerod nicht. Trotzdem aber eignet sie sich exquisit für die Darstellung dieser Musik. Kräftige Zungen, obertonreiche Streicher, sonore Prinzipale und klangreiche Mixturen sorgen dafür, dass die Werke zwar mit einem gewissen deutschen Akzent, trotzdem aber adäquat erklingen können. So auch bei Briggs. Schon der Auftakt zu Viernes fis-Moll Symphonie stellte klar, dass in seinem Konzert Gravität eine gewaltige Rolle spielen, die horizontalen Trompeten und der substanzliefernde Untersatz viel zu tun bekommen würden. Aber auch die grundtonreichen Flöten, die romantisch entrückte Schwebung zusammen mit der Viola di Gamba und die solistisch ausgelegten Zungen sollten zu ihrem Recht kommen. Eher kläglich als verspielt

Einzig die Registrierung der dritten Variationsfolge in Widors erstem Satz war ein klanglicher Fehlgriff, nicht nur, weil er vom Komponisten so nicht vorgesehen war, sondern auch, weil die gewählte Zungenstimme hier eher kläglich als verspielt und übermütig klang.Zwischen den beiden Symphonien gab es zwei Uraufführungen. Anlässlich der Orgelrenovierung hatte das Forum Himmerod und die Verbandsgemeinde Manderscheid beim Interpreten ein Werk in Auftrag gegeben, das dieser als "Suite Cistercienne" überschrieben und dem Instrument wahrlich auf die Tasten geschneidert hat. Das Ergebnis war eine Komposition, die mit modernen Ausdrucksmitteln, jedoch sehr tonal, vor allem mit den reichhaltigen Klangfarben arbeitet. Ein Kaleidoskop, bei dem sich Interpret, Orgel und Publikum wohl- fühlten. Andenken an langjährigen Himmeroder Organisten

Die zweite Komposition von Briggs war vom Kustos der Orgel, Wolfgang Valerius, in Auftrag gegeben und dem Andenken des langjährigen Himmeroder Organisten, Father John Birley, gewidmet. Hier ließ Briggs die romantischen Akzente der Orgel schwergewichtig in den Vordergrund treten. Eine treffende Hommage an den Kirchenmusiker. Unverwechselbarer Klangcharakter

Was allerdings, bei aller Rechtmäßigkeit, Birley zu ehren, etwas bedauerlich erscheint, ist die Tatsache, dass der andere große Organist der Abtei, Pater Raimund van Husen, ein wenig in Vergessenheit gerät, ja noch nicht einmal im ausführlichen Programmheft der diesjährigen Konzertreihe erwähnt wird. Letztendlich ist es ihm zu verdanken, dass Himmerod eine Orgel besitzt, der man mit Recht einen unverwechselbaren Klangcharakter bescheinigen muss. Das letzte Konzert war hierfür ein beredtes Beispiel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort