Romantische Doppelstadt bei Nacht

TRABEN-TRARBACH. 94 Interessierte nutzten die Gelegenheit, die Doppelstadt bei der ersten Nachtwächter-Stadtführung kennen zu lernen. Die Resonanz war so überwältigend, dass zukünftig monatlich nächtliche Führungen geplant sind.

Glockenschlag neun erscheint der Nachtwächter Jürgen Hey auf der Treppe am alten Stadtturm in Traben. Sein rotes, knöchellanges Gewand hat er von der Stadtgarde. Passend dazu hat die stadteigene Sattlerei Gamaschen aus Wildschweinleder gefertigt. Die Hellebarde, eine Hieb- und Stoßwaffe des Mittelalters, und die Laterne aus dem 17. Jahrhundert stammen aus dem Mittelmosel-Museum. Die Optik stimmt. "Und blas' mein Horn nach altem Brauch", begrüßt Hey 94 interessierte Gäste aus nah und fern. "Ich bin erschrocken, dass so viele Leute da sind", freut er sich über die erstaunliche Resonanz. Auch der Wahl-Trarbacher Karl Schlösser ist begeistert. Mit einer Taschenlampe ausgestattet ist er gut vorbereitet, andere tragen Windlichter durch die Nacht. Jürgen Hey führt die Gäste vom "Alten Stadtturm", der zur Stadtbefestigung gehörte, zum Weihertorplatz. Hier stand eines der drei Stadttore. Interessiert lauschen die Gäste, dass es das Weihertor, das Schotttor und das Moseltor gab. Die "Alte Lateinschule", anno 1573, steht auf einem Rest der Stadtmauer. Das wohl älteste Gebäude in Trarbach, der Rittersaal, wurde im 15. und 16. Jahrhundert als Verwaltungshaus der Sponheimer erbaut. Hey nimmt die Gäste mit auf den Schützengraben, der umgangssprachlich als Brandweg bekannt ist. Ein Schauer läuft manchem über den Rücken, als er vom großen Stadtbrand im Jahr 1858 erfährt - seinerzeit verbrannten 80 Häuser. "Das ist mal eine neue Variante der Führung", findet Richard Ochs aus Traben-Trarbach, der selbst ein fundiertes Wissen über die Mittelmoselstadt hat. "Das war eine sehr informative Führung", sagt Susanne Mai-Meuser aus Wolf. "Die Atmosphäre ist einmalig und sehr romantisch." "Wenn es auch an manchen Ecken sehr dunkel war", fügt Karl Mai aus Kassel hinzu. Stadtführungen am helllichten Tag macht Jürgen Hey seit drei Jahren. Bei einem Nachtwächtertreffen in Gemünden mit Nachtwächtern aus ganz Rheinland-Pfalz und dem benachbarten Saarland kam ihm die Idee, sein Wissen über die Doppelstadt auch nächtens weiterzugeben. Es war die erste Nachtführung, künftig sollen diese jeden Monat und auf Anfrage stattfinden.

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