Ruhe oder Radeln?

MANDERSCHEID. Kurort oder Naturerlebnisort? Die Verantwortlichen in Manderscheid möchten alle mit ins Boot nehmen, um diese Frage zu diskutieren.

Soll Manderscheid Kurort bleiben oder sich vermehrt auf seine Stärken wie Wandern, Radfahren und Geologie konzentrieren? Rainer Schmitz, Leiter der Kurverwaltung, ist sich der Dimension dieser Frage bewusst. "In den Kurort-Prädikaten stecken 40 bis 50 Jahre Entwicklungsarbeit, das wollen wir nicht einfach aufgeben." Mit "wir" meint Schmitz die Verantwortlichen in der Stadt, und so sitzen Stadtbürgermeisterin Christel Praum und VG-Bürgermeister Wolfgang Schmitz zur Pressekonferenz mit am Tisch. In Gewerbeverein und Stadtrat wurde bereits über das Thema gesprochen, zur weiteren Diskussion wurde es in den Ausschuss Stadtentwicklung überwiesen. Schmitz: "Es wird sicherlich emotional zugehen, doch wir müssen die Diskussion führen." Er liefert erdrückende Fakten. Seit 1997 hat die Gesundheitsreform voll zugeschlagen. Kamen vor 15 Jahren noch rund 700 Menschen zur ambulanten Kur, sind es heute noch 25 Gäste im Jahr. Ambulante Kur bedeutet frei wählbare Unterkunft und Kurprogramm vom Bäderarzt. Dem gegenüber steht die stationäre Rehabilitation, die in Manderscheid weiter gut läuft. Die Eifelklinik, 180-Betten-Haus mit Schwerpunkt psychosomatische Erkrankungen, meldet nach der Renovierung wieder Vollbelegung. Was trotz bundesweiter Kur-Krise zurzeit auch gut läuft, ist die privat finanzierte Gesundheitsvorsorge. Doch hier kann Manderscheid nicht konkurrieren. Rainer Schmitz: "Dazu ist eine gute Infrastruktur nötig: Sauna, Wellness, Beauty, Spaßbad. Wenn wir als Kurort werben, wecken wir Bedürfnisse, die wir nicht erfüllen können." Manderscheid müsste viel investieren. Doch Geld ist keins da. Seit diesem Jahr zahlt das Land auch die Schlüsselzuweisung für Kurorte nicht mehr. Manderscheid hat dadurch 164 000 Euro weniger in der Kasse. Das Aufrechterhalten der Kurort-Prädikate hingegen kostet. Alle zehn Jahre muss eine Klimaanalyse erfolgen. Kosten: 11 000 Euro. Hinzu kommen Mitgliedsbeiträge im Verbund der Kneipp-Kurorte und der heilklimatischen Kurorte: etwa 8500 Euro pro Jahr. So weit der Ist-Zustand. Die Alternative zum Kurort wäre der Naturerlebnisort. Wandern, Radfahren, Mountainbiking und Geologie werden zurzeit in Manderscheid schon groß geschrieben, doch sollten sie dann noch besser vermarktet und ausgebaut werden. Zahlreiche Projekte sind bereits in Planung, vieles ist heute schon sehr erfolgreich, beispielsweise der Maare-Mosel-Radweg. Schmitz: "Wir haben große Stärken. Gäste wie Manuel Andrack sehen das besser. Die Bürger sollten mehr Selbstvertrauen haben." Alle Bürger sind eingeladen zur Diskussion um die Zukunft Manderscheids. Der Ausschuss Stadtentwicklung bereitet zurzeit eine öffentliche Veranstaltung mit Fachleuten vor. Rainer Schmitz ist zudem optimistisch, dass das Land eine Umorientierung unterstützen würde. "Wir sind der erste kleine Kurort, der sich mit der Problematik auseinander setzt Dabei wird geschätzt, dass sich etwa zehn der 23 Kurorte in Rheinland-Pfalz von der Kur verabschieden."

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