Scheibchenweise und gepudert

Die Sehlemer Wurstbude: Ein kleiner Besuch an einem Ort, wo die eine Mittagspause gerade endet und die andere beginnt. Seit annähernd fünf Jahrzehnten ist die Wurstbude in Sehlem ein Treffpunkt hungriger Mägen. "Hier geht's um die Wurst" steht auf dem kleinen Transporter, der täglich neben dem Imbiss parkt. Hier geht's um die Wurst. Vor allem um die Currywurst. Und dabei natürlich auch um Fritten.

 Auch wenn es mitunter stressig ist, so hat Lothar Lorig, Betreiber der fast schon legendären Sehlemer Wurstbude, dennoch Spaß an seiner Arbeit. TV-Foto: Uwe Hentschel

Auch wenn es mitunter stressig ist, so hat Lothar Lorig, Betreiber der fast schon legendären Sehlemer Wurstbude, dennoch Spaß an seiner Arbeit. TV-Foto: Uwe Hentschel

Sehlem. Zwei seiner ältesten Kunden feiern demnächst Diamantene Hochzeit. Natürlich nicht in seiner Wurstbude, aber trotzdem. "Die sind schon beide über 80", sagt Lothar Lorig, "und er kommt immer noch regelmäßig." Ein oder zwei Mal pro Woche. "Zu Fuß", ergänzt Lorig und trinkt dann einen Schluck Bier. Es ist kurz vor zwei. Mittagspause. Die fängt für Lorig an, wenn die anderen schon wieder am arbeiten sind, irgendwo auf der Baustelle, im Büro oder im Führerhaus eines LKW. Was sie alle vereint, ist die gemeinsame Herkunft des Mageninhalts. Und was die Zusammensetzung desselbigen betrifft, so gibt es eine Kombination, die sich quer durch alle Alters-, Bildungs- und Berufsschichten zieht. "Currywurst mit Fritten", sagt Lorig, "das ist Standard." Das war schon immer so, "und das wird auch immer so bleiben", ist der Chef der Sehlemer Wurstbude überzeugt. Vor ihm auf dem kleinen Tisch liegt sein Zigarettenpäckchen. Noch darf hier geraucht werden. Zumindest hat es bisher keiner verboten. Doch das wird kommen. Und weil die meisten seiner Stammkunden nun mal Raucher seien, müsse er darauf auch reagieren, erklärt Lorig und zeigt nach draußen. Dort, wo der Imbiss derzeit nur mit einer Plane überdacht ist, soll schon bald ein Zusatzraum für Raucher entstehen.Ohne die Hilfe des Vaters geht es nicht

"Wenn aber ein absolutes Rauchverbot kommt, dann haben wir ein Problem", sagt er. Doch erst mal abwarten. Bis zur Rente wolle er den Laden ohnehin nicht betreiben. Vor einigen Monaten hat er den Betrieb von seinem Vater Heinz übernommen. "Der Vater hilft mir noch viel, und ohne ihn ginge das im Moment auch gar nicht", sagt der Mann mit dem weißen T-Shirt und der dunklen Kappe. Seine Mutter helfe ihm bei der Wäsche und seine Freundin bei der Buchhaltung. So hat er den Rücken frei für seinen Job, den er eigentlich nie so wirklich haben wollte. In zwölf Jahren läuft der Pachtvertrag zwischen ihm und der Gemeinde aus, und für Lorig, der bereits jahrlang in der Imbissbude mitgearbeitet hat, ist klar: "Dann ist Schluss".Was er danach machen werde, wisse er noch nicht, doch auch wenn ihm die Arbeit Spaß mache, so habe er bis dann für den Rest seines Lebens genug Würstchen gedreht. Denn in der kleinen Küche, wo Frittenfett spritzt und Currypulver unermüdlich über Ketchup gestreut wird, ist für Urlaub nur wenig Platz."Tschöö, bis nächst' Woch'", verabschiedet sich ein rauchender Stammgast. Wenig später kommt ein anderer rein, sagt "Tach" und studiert die große Speisetafel, die links an der Wand hängt. So, als müsse er sich noch entscheiden, um dann nach langer, reiflicher Überlegung sagen zu können: "Einmal Fritten mit Currywurst." Eine gute Wahl.In zwei Jahren feiert der Ort, an dem es sieben Tage in der Woche um die Wurst geht, sein fünfzigjähriges Bestehen. Dann gibt es ein Sommerfest. "Da graut es mir schon ein wenig vor", sagt Lorig, denn so ein Fest bedeute viel Arbeit. Viel zusätzliche Arbeit, weil der Betrieb ja schließlich ganz normal weiter laufen müsse. Vor einigen Jahren gab es schon mal etwas ähnliches. "Ein tolles Fest", sagt er, "und danach habe ich gedacht: nie wieder." Schließlich ist der Wurstbudenbetreiber kein 20-köpfiger Feuerwehrverein. "Doch zum Fünfzigsten muss ich schon noch mal was machen", sagt er. "Aber dann reicht es", fügt er hinzu, überlegt kurz und grinst: "Okay, vielleicht noch was zum Sechzigsten. Aber dann ist wirklich Schluss."

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