Schnelle Wege aus der Krise

BERNKASTEL-KUES. Die Zahl der Menschen mit psychischen Krankheiten wächst rapide. Es dauert aber oft lange bis die Krankheit erkannt wird. Das belastet Patienten und Krankenkassen.

Jedes vierte in Deutschland ausgestellte Arztrezept beinhaltet ein Schlaf-, Schmerz und/oder Beruhigungsmittel. Jeder dritte von seinem Hausarzt behandelte Patient leidet unter psychosomatischen Krankheiten. Vom Auftreten der Krankheit bis zum Beginn der Rehabilitation vergehen im Durchschnitt sieben Jahre, weil lange Zeit nach körperlichen Krankheitsbildern gesucht werde. Es waren keine erfreulichen Statistiken, mit denen Dr. med Josef Hecker, Chefarzt der Klinik Moselhöhe (Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie) aufwartete. Angesichts von Aspekten wie Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes, Druck am Arbeitsplatz, Mobbing und Familienkrisen werde die Zahl der psychisch kranken Menschen weiter steigen. Zumindest was die Behandlungszeit angeht, soll sich etwas ändern. Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) hat mit der Klinik Moselhöhe, einem von fünf Häusern des Reha-Zentrums auf dem Kueser Plateau, einen Vertrag zur Integrierten Versorgung psychisch erkrankter Menschen abgeschlossen. Verträge mit Ärzten aus der Region werden folgen. Patienten mit psychischen Störungen erhalten, nachdem ihr Hausarzt eine körperliche Erkrankung ausgeschlossen hat, in der Klinik einen schnellen Zugang (innerhalb von zehn Tagen) zu therapeutischen Hilfen. Hecker: "Dort wird im Rahmen diagnostischer Gespräche nach möglichen seelischen Ursachen für die körperlichen Symptome gesucht."Ambulante Behandlung geht über 13 Tage

Das Behandlungskonzept bietet neben einer psychotherapeutischen Grundversorgung auch die Möglichkeit einer ambulanten Intensivbehandlung. Damit sollen seelische Erkrankungen frühzeitig behandelt werden. Das spare dem Patienten, der oft die Diagnose des Hausarztes nicht anerkenne, eine Odyssee durch weitere Arztpraxen und den Krankenkassen und damit der Gesellschaft viel Geld, betonten Hecker und Horst Braner, Leiter des DAK-Vertragsbereichs Rheinland/Pfalz, bei der Vorstellung des Projekts. Innerhalb von sechs Wochen wird der Patient an 13 Tagen behandelt (Entspannungsverfahren, Sport, Einzel- und Gruppenpsychotherapie). Für Berufstätige, die dieses Angebot nicht wahrnehmen können, sind 23 Einzelgespräche in den Abendstunden vorgesehen. Hecker geht davon aus, dass in der Mehrzahl Patienten kommen, die bereits arbeitsunfähig sind. Ziel ist es, die Patienten für die ambulante Psychotherapie oder - bei komplexeren Krankheitsbildern - für eine stationäre psychosomatische Rehabilitation zu motivieren. Diese Aufgabe übernehmen Ärzte und Psychologen. Ohne Motivation sei ein Erfolg unmöglich, betonten Hecker und Braner. Die notwendige ambulante Psychotherapie wird von den Krankenkassen nur bezahlt, wenn die Patienten ein Bewusstsein für ihre Probleme aufbauen. In der Klinik Moselhöhe seien die Voraussetzungen für eine Erstdiagnose und die stationäre Behandlung gegeben, sagte Karl Otto Büllesbach, Direktor der Reha-Kliniken. Die Klinik Moselhöhe hält für Patienten mit psychischen Problemen 125 Betten bereit. "Mit frühzeitiger Reha kann Geld gespart werden", hob auch er den ökonomischen Aspekt hervor. Die DAK will versuchen, das Angebot auch auf Mitglieder anderer Kassen auszuweiten.

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