Schnitzen für die Heimatstuben

ENKIRCH. Der Moselort Enkirch ist überaus reich an alten, zum größten Teil vorbildlich renovierten Fachwerkhäusern. Ein besonderes Schmuckstück der Gemeinde ist das Haus, in dem sich das Heimatmuseum und die Ratsweinschenke befinden. Das Gebäude wird derzeit aufwändig saniert. Eine große Hilfe ist dabei der 83-jährige Holzschnitzer Ewald Schütz aus Enkirch.

Ewald Schütz schlägt mit großer Präzision kleine Stückchen aus dem Eichenholzbalken. Nach einiger Zeit erkennt man das hübsche Ornament, das bald den ganzen Balken zieren wird.Ganze Balken müssen ausgetauscht werden

Ein paar Schnitzeisen, einen leichten und einen schweren Schlegel und natürlich viel Geschick und Geduld - mehr braucht der 83-Jährige nicht für sein Handwerk. Seit ein paar Wochen ist er im Dienste der Gemeinde, beziehungsweise des Heimat- und Verkehrsvereins tätig. Die Gemeinde renoviert das imposante Fachwerkhaus mit dem wunderschönen Erker in der Ortsmitte. Es ist das Aushängeschild der Ortes, das Haus, das auf fast allen Ansichtskarten von Enkirch zu finden ist. Ganze Balken, an denen Holzwürmer, Pilze und der Zahn der Zeit genagt haben, müssen ausgetauscht und durch neue ersetzt werden. Damit es möglichst den ursprünglichen Charakter behält, sind Handwerker wie Ewald Schütz eine große und dankbare Hilfe. Dabei ist Schütz gar kein professioneller Holzschnitzer. Winzer war er zeitlebens, und das Schnitzen hat er nur so nebenbei als kleinen Nebenerwerb betrieben. 1945 kam Schütz in polnische Kriegsgefangenschaft. Zuerst musste er in einer Grube in Schlesien schuften, später - das war sein Glück - arbeitete er in einem Holzschnitzbetrieb, wo er sich dieses schöne Handwerk aneignete. Blickt man auf die Vorderfront seines Hauses, kann man erahnen, dass er die Holzschnitzkunst auch später mit großer Leidenschaft betrieben hat. Einen kompletten Erker samt Fensterrahmungen hat er geschnitzt, die Kellertür ist mit Ornamenten verziert und auch das große Schild, das an die Weinköniginnen-Zeit seiner Enkelin erinnert, hat er selbst gefertigt. Mittlerweile schnitzt er die Fensterumrahmungen am Erker der Heimatstuben. Ortsbürgermeister Karl-Heinz Weisgerber und Heimatkundler Hans-Dieter Georg, der die Renovierungsarbeiten an den Heimatstuben fachkundig begleitet, freuen sich über den Beitrag, den Ewald Schütz leistet. Würde dies ein professioneller Restaurator übernehmen, käme es für die Gemeinde sicher teuer. Die Gesamtmaßnahme kostet 130 000 Euro, 73 000 Euro zahlt das Land aus dem Investitionsstock.Für die Gemeinde bleibt ein dicker Brocken

Für die Gemeinde bleibt also ein dicker Brocken übrig. Aber die Investition war notwendig. Ortsbürgermeister Weisgerber: "Es war allerhöchste Zeit." Das Gebäude erhält nun eine Fußleistenheizung, damit in den Räumen im Winter eine Temperatur von 12 Grad herrscht. Zu hohe Luftfeuchtigkeit und stark schwankende Temperaturen schaden nämlich der Bausubstanz enorm. Die Fenster müssen komplett überarbeitet, die Elektro-Installation teilweise erneuert werden. Zurzeit ist eine Spezialfirma damit beschäftigt, die Fachwerke in alter Lehmbauweise zu erneuern. Wenn alles fertig ist, wird das Gebäude, das im Laufe der Jahrhunderte mehrmals umgebaut wurde, eine Besonderheit mehr aufweisen können. Denn - und das ist an der Mosel selten - auch das Erdgeschoss des Hauses ist in Fachwerkbauweise erbaut. Das war bislang durch einen Verputz nicht zu erkennen.

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