"Schöner als in der eigenen Familie"

TRABEN-TRARBACH. Weder das traute Heim noch die tief verschneite Bergwelt der Alpen oder gar Bettenburgen unter südlicher Sonne können sie an Weihnachten und über Silvester locken: Viele Gäste halten Traben-Trarbach seit Jahren die Treue und verleben dort unbeschwerte Festtage.

Käthe Dausen aus Bergisch-Gladbach feiert seit 1989 jedes Jahr Weihnachtsfest und Jahreswechsel in der "Goldenen Traube". Als ihre Mutter im Jahr 1985 starb, war sie alleine, verbrachte in den folgenden Jahren die Festtage auf Madeira und Mallorca und kam durch Zufall an die Mosel. Nie wieder möchte sie in ein großes Haus, "da fühlt man sich unpersönlich". Mit von der Partie ist stets Enkeltochter Franziska (13) aus Berlin, die von Freundin Nadine (15) begleitet wurde. Den Teenagern gefällt es in Traben-Trarbach. Sie gehen in die Moseltherme, erklimmen den Stadtturm, füttern die Schwäne und stöbern in den Geschäften, während Oma Käthe, die sich hier "wie zu Hause" fühlt und mehrmals im Jahr nach Traben-Trarbach kommt, gerne wandert. "Anders als in der Großstadt können die Mädchen hier alleine losziehen", hat Hotelchefin Marlies Allmacher festgestellt, die über Weihnachten 18 Stammgäste hatte und auch zum Jahreswechsel in den 28 Hotelbetten viele treue Besucher beherbergt. Im Hotel Gräffs Mühle hat sich mit den Christa und Bernd Leithäuser, Susanne und Erasmus Frings, Erich und Irmgard Andres, Roswitha und Dieter Hammer sowie Gerlinde Werner eine richtige "Weihnachtsfamilie" zusammen gefunden. Alle Gäste kommen aus Nordrhein-Westfalen. Sie schätzen die kurze Anreise an die Mosel und sind glücklich, das Fest mit Linda und Fritz Gerhardt feiern zu können. "Die Familie zieht uns hierher", schwärmt Bernd Leithäuser und fügt hinzu: "Dieses Haus strahlt eine unglaublich große Wärme aus, bundesweit müssten wir sicher suchen, um etwas ähnliches zu finden". Alle Gäste sind sich einig, dass man in der eigenen Familie kaum so schön feiern kann. Susanne Frings, mit 39 Jahren die Jüngste im Bunde, schätzt besonders, dass sie sich bekochen lassen kann. Die Gäste nehmen an der festlich gedeckten Tafel Platz und am Heiligen Abend sitzen auch Linda und Fritz Gerhardt, die Töchter Laura (7) und Annemarie (10), die Großeltern Ans und Jan van Maris sowie Oma Agnes Gerhardt mit am Tisch. "Wir kommen sicher auch noch als ganz alte Knacker hierher", sagt Susanne Frings. Das junge Paar bezieht stets das gleiche Zimmer, freut sich am Heiligen Abend immer auf das gleiche wohlschmeckende Gericht - Schweinelende im Wirsingmantel - und schätzt das Wiedersehen mit den anderen Stammgästen. Gemeinsame Ausflüge mit Familie Gerhardt, bei denen deftiger Eintopf und Glühwein im Winterwald serviert und Museen besichtigt werden gehören zum Programm wie das Vorlesen der Weihnachtsgeschichte durch Agnes Gerhardt aus der Familienbibel von 1736, das Musizieren und die gemeinsame Bescherung. "Wir können gar nicht anders", sagt Linda Gerhardt, die mit Ehemann Fritz jedoch darauf achtet, dass nicht mehr als zehn Gäste über Weihnachten im Haus sind. Die Eheleute Frings trauen sich denn auch gar nicht, von ihrem Weihnachtsurlaub zu sehr zu schwärmen, weil das weitere Interessenten anlocken könnte, die dann abgewiesen werden müssten. Das in der Stadt gebotene Weihnachts- und Silvesterprogramm stellt alle zufrieden. Und immer wieder locken das warme Wasser der Moseltherme, Massagen oder Saunabäder. "Es sind die kleinen Sachen, die ich schätze", sagt Gerlinde Werner und berichtet von selbst gebackenen Plätzchen, die sie bei der Ankunft in ihrem Zimmer findet. "Wo gibt es das noch?" "Die Moselaner sind offen und freundlich"

"Der Service ist entscheidend", sagt denn auch Touristik-Direktor Klaus Bürkle, der von vielen Stammgästen in Traben-Trarbach weiß. Auch Frieda Bartz, die eine gemütliche Pension in der Wildbadstraße betreibt, könnte ihr Haus über Weihnachten und Silvester mit Stammgästen füllen. "Aber damit fange ich erst gar nicht an", sagt sie entschieden und reist zum Fest lieber zu ihrer Tochter. Ein Gast habe ihr jedoch verraten, warum er so gerne hierher komme: "Die Moselaner sind offen und freundlich."

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