Schweres Geschütz gegen den Träger: Stadtrat Traben-Trarbach wehrt sich gegen Schließung der Geburtshilfestation

Traben-Trarbach · Die Geburtshilfestation in Traben-Trarbach soll zum Monatsende geschlossen werden. Die Kommunalpolitiker geben aber nicht klein bei. Sie erinnern den Träger unter anderem an seine soziale Verantwortung und sein christliches Leitbild.

Traben-Trarbach. Ältere Traben-Trarbacher werden sich erinnern. 1992 gingen viele Bürger auf die Straße, um für den Erhalt des damaligen Krankenhauses in der Schottstraße zu demonstrieren. Antreiber des Protests war vor allem der Träger, der Hessische Diakonieverein. Das Ergebnis ist bekannt. Das baulich marode Gebäude war nicht zu retten. Doch es wurde Ersatz geschaffen, nicht adäquat aber immerhin.
23 Jahre später ist alles anders. Der Träger des im Jahr 2000 eröffneten kleinen Krankenhauses, die Dernbacher Gruppe Katharina Kasper, schließt zum Monatsende das Aushängeschild, die Geburtshilfestation. Begründung: Einer der beiden Fachärzte habe gekündigt. Trotz intensiver Bemühungen sei es nicht gelungen, einen Nachfolger zu finden. Die Mediziner sind nicht beim Krankenhaus angestellt, sondern arbeiten als Belegärzte (der TV berichtete).
Die Kommunalpolitiker protestieren mit Resolutionen im Kreistag, im Verbandsgemeinderat und im Stadtrat. Auf die Straße ist allerdings bisher niemand gegangen.Politiker geben nicht klein bei


Gibt es noch Hoffnung oder ist alles zu spät? Die Politiker geben nicht klein bei. "Der Stadtrat erwartet ein entschiedenes Eintreten, und dass sich der Träger zum Erhalt des Krankenhausstandortes Traben-Trarbach bekennt", heißt es in der von Marcus Heintel (SPD), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, verlesenen Resolution. Schließlich sei der Träger in der Zukunftsinitiative "Starke Kommunen - starkes Land" eine der tragenden Säulen.
Die Schließung der Geburtshilfe sei alleine Sache des Trägers, heißt es. Weil das so ist, sind auch dem Land die Hände gebunden. Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler hat das der SPD-Landtagsabgeordneten Bettina Brück mitgeteilt. "Die geplante Schließung ist auch aus Sicht des Landes bedauerlich", schreibt sie. Nach der Kündigung eines der Belegärzte sei der Träger gebeten worden, "intensiv eine Nachfolge zu suchen", heißt es weiter. Sie habe keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich nicht ernsthaft bemüht habe, so die Ministerin.
Und weiter: Es gebe auch in anderen Bundesländern den Trend kleine Geburtshilfestationen zu schließen. Das könne in Flächenländern wie Rheinland-Pfalz auch zu einer längeren Anfahrt zur nächsten Geburtsklinik führen. "Allerdings wissen wir auch aus den Auswertungen der Einzugsgebiete, dass sich viele werdende Mütter ohnehin für eine längere Fahrt zu den größeren Geburtskliniken entscheiden", schreibt Bätzing-Lichtenthäler.Großes Unverständnis


Anja Bindges (SPD) will die Resolution des Stadtrates nicht alleine stehen lassen. Es herrsche "großes Unverständnis über die Art und Weise des Trägers die Bevölkerung und die kommunalen Gremien vor vollendete Tatsachen zu stellen", sagt sie und fährt schweres Geschütz auf. "Hätte man von Seiten des Trägers ein Interesse daran gehabt, die Geburtsstation zu erhalten, wäre es ein Leichtes gewesen, die Bevölkerung und die Kommunen von Anfang an mit ins Boot zu nehmen und öffentlichen Druck zu erzeugen."
"Ich kann das nur unterstützen", sagt CDU-Sprecher Hubertus Kesselheim. Die Initiative "Starke Kommunen - starkes Land" werde durch das Verhalten konterkariert. Die Politiker sind sehr ungehalten darüber am 10. Februar, weniger als zwei Monate vor dem avisierten Schließungstermin, über den Entschluss informiert worden zu sein.
"Wir sollten als Kommunalpolitiker massiv auf den Krankenhausträger einwirken, dass es neben rein betriebswirtschaftlichen Aspekten auch eine soziale Verantwortung gibt", fordert Dr. Sören Risse (Bündnis 90/Die Grünen). "Nach unserer Meinung hätte der Träger durchaus die Möglichkeit die Geburtsstation am Leben zu erhalten", führt er aus. Doch er tue nichts. Risse: "Geburtsabteilungen in der örtlichen Konstellation sind vermutlich unprofitabel. Der Krankenhausträger nutzt den momentanen Ärztemangel für seine Zwecke aus."
Risse erinnert den Träger an sein Leitbild (siehe Extra). Es beinhalte unter anderem Folgendes: "Der Mensch steht im Zentrum unseres Tuns. Es ist unsere Pflicht, jedem zu helfen und zu raten, wo wir nur können." Dazu Risse: "Das geringe Interesse des Trägers am Erhalt der Geburtsstation steht in krassem Widerspruch zu seinen Leitbildern."
Vom Träger kommt folgende Erklärung: Für Entbindungen stehe keine ausreichende fachärztliche Begleitung mehr zur Verfügung, sagt Dagmar Koppers, stellvertretende Leiterin der Unternehmenskommunkation.
"Die Entscheidung zur Schließung der Geburtshilfestation ist daher nicht auf Initiative der Katahrina Kasper Via Salus GmbH gefallen. Vielmehr ist der Fachkräftemangel die Ursache", sagt Koppers.
Der Träger sei angetreten, die Gesundheitsversorgung in der Region für die Region zu sichern. Dieses Ziel stehe weiter an oberster Stelle.Meinung

Ganz schlechter Stil
Was würde Jesus zur Schließung der Geburtshilfe sagen? Eltern, die sich auf ihr Kind freuen, der Träger und die Bürger können ihn leider nicht fragen. Und er wird kein Wunder wirken. Man muss sich nichts vormachen: In Traben-Trarbach werden bald keine Kinder mehr auf die Welt kommen. Wo Zahlen regieren, und das tun sie im Gesundheitswesen, steht der Mensch zurück - vor allem in ländlichen Regionen. Die im Stadtrat verlesenen Stellungnahmen waren deutlich. Helfen werden sie nicht mehr. Der Träger beruft sich auf christliche Werte. Der wichtigste Wert in diesem Fall wäre gewesen, die Menschen früh einzubinden. Sie am 10. Februar mit der Meldung über eine Schließung in sieben Wochen zu überrumpeln, ist ganz schlechter Stil. Was würde Jesus dazu sagen? c.beckmann@volksfreund.deExtra

Die Dernbacher Gruppe Katharina Kasper (Arme Dienstmägde Jesu Christi e. V.) hat sich als Logo den Barmherzigen Samariter gewählt. Schwester M. Simone Weber, Provinzoberin der Armen Dienstmägde Jesu Christ, gibt das Gleichnis Jesu vom Barmherzigen Samariter wider: Wer sich dem Menschen in Not zuwendet, der hat das Rechte getan, dass, was ihm selbst und dem anderen Leben schenkt. Wer an einem Menschen in Not vorbeigeht - und sollte es auch zum Gottesdienst im Tempel sein - hat nicht getan, was Gott gefällt. Der Schlusssatz des Evangeliums lautet: "Geh hin und tue desgleichen. Das ist der Weg zum Leben: sich liebevoll dem Menschen zuwenden." Einige Grundsätze aus dem umfassenden Leitbild: Gottes Ja zum Leben ist die Grundlage unseres Auftrages….Wir achten die Schöpfung als Werk Gottes. Wir schützen und fördern das Leben…. Wir gehen verantwortungsbewusst mit unserer wirtschaftlichen Macht um... Wir kommen unserem Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung nach und übernehmen Verantwortung für kommende Generationen. cb

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