Schwierige Verhältnisse nach der Wahl

Erden · Die Gemeinde Erden sucht einen Ortsbürgermeister. Das aber nicht erst seit der Kommunalwahl im Mai, sondern schon seit fünf Jahren. Ebenfalls kurios: Von den acht gewählten Gemeinderatsmitgliedern wollen mindestens drei ihr Mandat nicht annehmen.

 Erden – ein schmucker Moselort mit berühmten Weinbergen. Das Amt des Ortsbürgermeisters findet aber bislang kein Erdener attraktiv.TV-Foto: Winfried Simon

Erden – ein schmucker Moselort mit berühmten Weinbergen. Das Amt des Ortsbürgermeisters findet aber bislang kein Erdener attraktiv.TV-Foto: Winfried Simon

Erden. Erden ist seit der Kommunalwahl 2009 der einzige Ort im Kreis Bernkastel-Wittlich ohne gewählten Ortsbürgermeister. Und das wird möglicherweise auch in der neuen Legislaturperiode so bleiben, denn niemand aus dem 380-Einwohner-Ort hat signalisiert, den Job zu machen.
Die Geschäfte der Gemeinde führte in den vergangenen Jahren der vom Gemeinderat gewählte erste Beigeordnete Stefan Justen. Auf die Frage, warum er sich nicht vom Gemeinderat zum Ortschef wählen lassen wolle, sagte er seinerzeit gegenüber dem TV: "Ich will kein Bürgermeister sein. Wenn sich jemand findet, der das machen will, gebe ich gerne die Amtsgeschäfte ab."
Nun will er tatsächlich aufhören. "Das ist mir zu viel", sagt der 55-jährige Winzer. Bei der Wahl zum Gemeinderat am 25. Mai erhielt er die meisten Stimmen (117 von 209). Die Erdener waren offenbar zufrieden mit seiner Arbeit.
Kurz vor Wahl am 25. Mai sah es so aus, als ob Erden doch noch einen Ortschef bekommt. Herbert Brixius hatte in einem Schreiben erklärt, er werde für den Gemeinderat kandidieren - mit dem Ziel, Ortsbürgermeister zu werden. Brixius: "Diese Entscheidung traf ich, nachdem sich für die Urwahl zum Ortsbürgermeister niemand beworben hatte und ich von verschiedenen Seiten angesprochen wurde, mich doch im neu gewählten Gemeinderat zur Wahl zu stellen."
Doch gut eine Woche nach der Wahl zog Brixius sein Angebot an die Bürger zurück. Von den 209 Erdenern, die zur Wahl gingen, erhielt er 70 Stimmen. Für Brixius ein enttäuschendes Ergebnis. Der 62-jährige gelernte Bankkaufmann verfasste erneut einen Brief an die Erdener.
Dort hieß es unter anderem: "Ein Drittel der Wähler hat mir ihre Stimme gegeben und zwei Drittel nicht - eine klare Entscheidung, die ich akzeptiere. Ich werde nicht den Umweg über den Gemeinderat gehen und mich dort zur Wahl als Bürgermeister stellen. Auch werde ich das Gemeinderatsmandat nicht annehmen."
Bei der Gemeinderatswahl gab es keine Vorschlagsliste von Kandidaten, die bereit sind, im Gemeinderat mitzuarbeiten. Auf dem Wahlzettel waren lediglich acht leere Zeilen gedruckt, auf denen man acht Bürger nennen konnte. Von den acht Erdenern, die die meisten Stimmen erhielten und somit in den Gemeinderat gewählt wurden, haben bereits drei schriftlich mitgeteilt, ihr Mandat nicht anzunehmen: neben Herbert Brixius sind das Volker Schwaab und Michael Steilen.
Jetzt sind alle gespannt, was auf der konstituierenden Sitzung des neuen Rates am 24. Juni passiert. Auf der Tagesordnung stehen die Wahl eines neuen Ortsbürgermeisters und der Beigeordneten.
Was ist, wenn auch kein Beigeordneter gewählt wird ? Stefan Justen und der zweite Beigeordnete Volker Schwaab müssten die Amtsgeschäfte führen.
Erst wenn sie die Entlassung aus ihrem Ehrenbeamten-Verhältnis beantragen und diesem Antrag zugestimmt wird, wird die Kreisverwaltung eine geeignete Person aus der VG-Verwaltung zum Beauftragten für Erden bestellen.Meinung

 Stefan Justen führte fast fünf Jahre als erster Beigeordneter die Amtsgeschäfte.TV-Foto: Archiv

Stefan Justen führte fast fünf Jahre als erster Beigeordneter die Amtsgeschäfte.TV-Foto: Archiv

Viel Arbeit, wenig Ehre
Heutzutage darf sich jedes kleine Dorf glücklich schätzen, wenn sich jemand als Ortsbürgermeister zur Verfügung stellt. Es wird immer schwerer, Leute für ein solches Amt zu finden. Wer will sich so was noch antun? Für Orte in der Größenordnung von Erden gibt\'s gerade mal 527 Euro im Monat. Zehn Stunden die Woche reichen für diesen Job nicht. Ausschusssitzungen, Ratssitzungen, Ortstermine, Besprechungen, Repräsentationspflichten und unzählige Telefonate: Vollzeitbeschäftigten in der freien Wirtschaft oder Selbstständigen fehlt in der Regel die Zeit, um ehrenamtlich eine Gemeinde zu führen. In Erden wäre dennoch ein Mann, dem die notwendige Kompetenz zugeschrieben wird, bereit gewesen. Doch die Wähler gaben ihm nicht genügend Vertrauensvorschuss. Schade. Aber das ist Demokratie. w.simon@volksfreund.de

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