Seelsorge nach Noten

WITTLICH. Eine achtjährige kirchenmusikalische Tätigkeit geht zu Ende. Katrin Brammer, Musikerin an der evangelischen Christuskirche, wechselt in den hohen Norden nach Ratzeburg.

Bescheiden und zurückhaltend ist sie, aber klar und eindeutig in ihren Aussagen. Katrin Brammer wirkt seit acht Jahren in Wittlich als Kirchenmusikerin der evangelischen Christuskirche. Doch außerhalb des evangelischen Kirchenkreises sind ihre musikalischen Fähigkeiten kaum bekannt. Sie scheut zwar nicht das Licht der Öffentlichkeit, aber allzu sehr möchte sie die Werbetrommel nicht rühren. Nicht nur das macht es um so schwieriger, ein zutreffendes Portrait von ihr zu zeichnen. Im Gegensatz zu ihren katholischen Kollegen ist nur wenig von ihren Konzerten publiziert worden, was immer der Grund sein mag. Eines allerdings ist mittlerweile publik geworden: "Katrin Brammer ist eine Ausnahme-Kirchenmusikerin, die acht Jahre das Bild der evangelischen Kirchenmusik in der Region geprägt hat." Dies sind die Worte ihres neuen Chefs Neithard Bethke, Kirchenmusikdirektor am Dom zu Ratzeburg bei Lübeck. Der Professor aus dem hohen Norden hat die 34-jährige "bescheidene, aber talentvolle Kirchenmusikerin" als Assistentin gewinnen können.Ab Dezember wird sie im Ratzeburger Dom als Organistin, Chorleiterin und Musikpädagogin zu hören und zu sehen sein. Die Wittlicher Zeit neigt sich ihrem Ende zu.Gleich nach ihrem B-Examen 1995 an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf war sie nach Wittlich gekommen. Ihre Aufgaben umfassten das Orgelspielen in der Christuskirche und in den evangelischen Gemeinden der umliegenden Orte wie Manderscheid, Binsfeld, Kinderbeuern und Bausendorf. Zu ihrer Tätigkeit gehörte auch die Gottesdienstbegleitung in den Wittlicher Seniorenheimen und in der Justizvollzugsanstalt. Um 8.30 Uhr findet dort Sonntags der evangelische Gottesdienst statt, anschließend der katholische. Außerdem leitet sie den Kantoreichor Wittlich, den Spatzenchor (Kinderchor) und einen evangelischen Erwachsenflötenkreis.Zu ihrer Tätigkeit zählen auch pädagogische Aufgaben wie beispielsweise die Organisation von Ferienfreizeiten. Katrin Brammer: "Ich fasse meinem Beruf als Seelsorge auf." Im Rückblick auf die Zeit in Wittlich sagt die gebürtige Düsseldorferin: "Die Landschaft habe ich lieben gelernt, ansonsten ist es mir in Wittlich zu eng. Es wird zu viel über einen statt mit einem geredet." Kontakte hat sie berufsbedingt gleichwohl zu vielen Wittlichern. So viele, dass sie gelegentlich publikumsarme Zeiten zum Einkaufen nutzt. Ihrer Wohnung in der Wittlicher Altstadt, wenige Meter vom Marktplatz entfernt, ist bereits beim Betreten anzusehen, dass dort eine Musikerin wohnt. Die Garderobe symbolisiert Notenfolgen, der Spiegel ist mit einem Violinschlüssel verziert. Das Wohnzimmer schmückt ein Portraitfoto ihres Lieblingskomponisten Franz Schubert. Im Regal liegen Stapel voller Notenblätter, darüber das moderne Bildnis einer Geigerin von Rosina Wachtmeister, an der gegenüberliegenden Wand ein großformatiges Foto der Orgel von St. Sulpice in Paris. "Das ist die schönste Orgel, auf der ich je gespielt habe", schwärmt Katrin Brammer und kommt dabei ein wenig ins Erzählen. Leider sei es ihr in Wittlich nicht gelungen, Kontakte zu den katholischen Kollegen zu knüpfen.Dann fügt sie ungewohnt selbstbewusst hinzu: "Für die evangelische Kirchengemeinde wird mein Weggang ein Verlust sein, weil es innerhalb der letzten Jahre die dritte hauptamtliche Mitarbeiterin ist, die gekündigt hat." Die 34-jährige nimmt Abschied von Wittlich mit den Worten: "Ich habe ganz gerne hier gearbeitet."

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