Seit 200 Jahren im Familienbesitz

TRABEN-TRARBACH. Gestern hatte Heinz Kayser allen Grund mit einer guten Flasche Wein anzustoßen: Genau 200 Jahre ist es her, dass am 1. August 1804 sein Ur-Ur-Großvater Heinrich Franz einen prachtvollen Rokokobau in der Moselstraße 10 kaufte. Seitdem befindet sich das Haus im Familienbesitz. Heinz Kayser wurde hier geboren und heute genießt der 85-Jährige hier mit Ehefrau Helga seinen Ruhestand.

Heinrich Franz, Vater von drei Töchtern, war 42 Jahre alt, als er das 1762 erbaute Haus erwarb. "Er war Kaufmann und muss viel Geld gehabt haben", sagt Ur-Ur-Enkel Heinz. Die französischen Revolutionsheere hielten noch das Rheinland besetzt, und so wurde der Kaufpreis in Francs ausgewiesen. Für das elegante Haus musste Heinrich Franz seinerzeit rund 18 000 Francs hinblättern, "und das war eine stattliche Summe", weiß der Irmenacher Heimatforscher Hans Schneiß. Der umfangreiche Kaufvertrag in französischer Sprache ist heute noch im Familienbesitz. Der Trarbacher Johann Cornelius Moog, ein angesehener Schöffe, Handelsmann und Kommerzienrat, ließ 1762 als 28-Jähriger das Haus auf Eichenpfählen erbauen. Die vom Trierer Baumeister Johann Seitz entworfene Zeichnung ist noch vorhanden, und Bauherr Moog trug seine Änderungswünsche mit eigener Hand ein. Statt einer glatten Front mit drei Stockwerken bevorzugte er nur zwei Etagen, er wollte einen Balkon, einen Giebel und ein Mansarden-Dach. 19 Jahre lang wohnte Cornelius Moog mit seiner Frau - die Ehe blieb kinderlos - in der Moselstraße. Er starb 1781, und nach dem Tode seiner Frau verkauften Moogs Geschwister das Haus an Heinrich Franz. Viel gibt es in dem alten Bau und einem rückwärtigen Arkadenhof zu entdecken, und Heinz Kayser lässt die bewegte Geschichte seines Hauses in lebendigen Schilderungen auferstehen. Die Initialen des Erbauers, JCM, finden sich im schmiedeeisernen Treppengeländer, das sich in den ersten Stock hinaufschwingt. "Die Sandsteintreppe hat den Vorteil, dass sie nicht brennen kann", weiß Kayser, der nach Kriegsjahren und Gefangenschaft seinen Traum vom Jura-Studium begrub und als Winzer das Weingut von Vater Friedrich übernahm. Als "eines der schönsten Rokokohäuser der Mosel" beschreibt das Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler das Gebäude mit seiner reich verzierten Sandsteinfassade, die figürliche Fenstersteine schmücken und deren besonderer Blickfang der kleine Balkon mit dem schmiedeeisernen Gitter ist. Der große Stadtbrand 1857 verschonte auch das Haus Kayser nicht, Dachstuhl und wertvolle Stuckdecken im ersten Stock wurden zerstört, ausgelagerte kostbare Barock- und Empire-Möbel ein Raub der Flammen. Inzwischen bewohnte die Tochter von Heinrich Franz, Amalie mit Ehemann Wilhelm Heinrich Kayser und insgesamt sieben Kindern das Haus.Bei jedem Hochwasser nasse Füße für das Haus

Nach dem Großbrand wurde das klassizistische Stockwerk für die große Familie auf die erste Etage des Hauses gesetzt, das 1875 in den Besitz von Heinz Kaysers Großvater Emil und später auf seinen Sohn Friedrich überging. Im Zweiten Weltkrieg musste das Dach noch einen Treffer einstecken, die Sprengung der Moselbrücke 1945 zerstörte das Oberlicht an der Haustür und sämtliche Fenster, und bei jedem größeren Hochwasser kriegt das altehrwürdige Haus nasse Füße. Ein besonderer Blickfang ist die bemalte Leinwandbespannung in den Wohnräumen der Kaysers. Der Graacher Maler Johann Velten hielt hier 1858 Motive von Mosel, Rhein, Eifel und Hunsrück in romantischen Bildern fest. Viele Kunstschätze aus dem Haus hat Heinz Kayser dem Mittelmosel-Museum vermacht, und wenn er sich mit Ehefrau Helga genussvoll zum Gläschen Wein zurückziehen will, dann findet er ein idyllisches und nicht einsehbares Plätzchen auf der von Arkaden getragenen Terrasse um den Hof.

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