Selbstbestimmt leben bis zum Schluss

BERNKASTEL-WITTLICH. Wer nicht mehr alleine zurechtkommt, weil er psychisch krank ist oder an Altersdemenz leidet, braucht einen Betreuer. Wie wichtig es sein kann, für einen solchen Fall die Weichen zu stellen, zeigt diese Geschichte.

 Passieren kann immer etwas. Schon früh vorzusorgen für den Fall, dass man zum Beispiel nach einem Unfall nicht mehr selbst entscheiden kann und einen Betreuer braucht, kann wichtig sein.Foto: Marion Maier

Passieren kann immer etwas. Schon früh vorzusorgen für den Fall, dass man zum Beispiel nach einem Unfall nicht mehr selbst entscheiden kann und einen Betreuer braucht, kann wichtig sein.Foto: Marion Maier

Eines weiß Christa T. (Name geändert) sicher: Für den Fall, dass sie einmal einen Betreuer braucht, will sie, was möglich ist, schon vorher festlegen. Noch einmal möchte sie sich nicht hilflos einem vom Gericht bestellten Berufsbetreuer ausgeliefert fühlen. Das eine Mal, das sie mit ihrer Mutter erlebt hat, hat ihr gereicht. Die Geschichte beginnt mit einem leichten Hirnschlag der Mutter. Deshalb wird sie ins Krankenhaus eingeliefert. Dort soll sie rumgetobt haben und wird auf die geschlossene, psychiatrische Abteilung verlegt. Und ab da läuft nach Meinung von Christa T. alles schief. Trifft der Betreuer die richtigen Entscheidungen?

Die Mutter ist weiterhin geistig verwirrt, für die Tochter ist klar: Ihr fehlen die sonst üblichen Medikamente. Die geistige Verwirrung führt dazu, dass der zuständige Richter auf ärztlichen Rat hin verfügt, dass die Mutter einen Betreuer braucht. Die geistige Verwirrung führt laut Christa T. jedoch auch dazu, dass die Mutter angibt, dass sie von keiner der drei Töchter betreut werden will. Sie bekommt einen Berufsbetreuer, der erheblich Kosten verursacht. Das Erbe steht auf dem Spiel. Doch was Christa T. noch mehr ärgert, ist, dass der Betreuer, der sich mit den Töchtern kaum austauscht, ihrer Meinung nach die falschen Entscheidungen für die Mutter trifft. Zunächst soll die alte Frau, die zuvor allein in einem kleinen Moselort lebte, in der Psychiatrie bleiben, danach in ein Heim kommen. Christa T.: "Aus der Psychiatrie wollte meine Mutter schnellstens wieder raus, und ins Heim wollte sie nie. Wir Töchter wollten bei ihr zu Hause eine rund um die Uhr-Pflege für sie organisieren." Nach knapp zwei Wochen im Krankenhaus stirbt die Mutter an einem Herzinfarkt. Wäre nicht alles gegen den Willen der Mutter gelaufen, hätte sie länger leben können, glaubt Christa T. Diese Geschichte trug sich vor einigen Jahren zu. Ob sie genau so passierte, lässt sich heute kaum noch ergründen. Eines macht sie jedoch deutlich: Sie zeigt, wie wichtig es sowohl für Betroffene wie Angehörige ist, vorzusorgen für den Fall, dass eigene Entscheidungen nicht mehr getroffen werden können. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist eine Betreuungsverfügung zu erstellen (siehe Hintergrund). Der Meinung ist auch Inge Falkenberg, Geschäftsführerin des "Vereins für soziale Dienste", der hauptamtliche und ehrenamtliche Betreuungen übernimmt. "Ein Betreuer muss oft sehr intime Entscheidungen treffen. Da ist es gut, wenn man selbst im Vorfeld Einfluss nimmt", sagt sie. Großer Informationsbedarf zum Thema Betreuung

Der massiven Kritik, die immer wieder in den Medien an den Betreuern geübt wird, tritt sie entschieden entgegen. "Einzelne Fälle werden da hoch gepuscht und es wird vergessen, dass die Betreuer auch viel gute Arbeit machen." Sorgfältig wähle sie die ehrenamtlichen Betreuer aus und gleiches bescheinigt sie den hiesigen Richtern für die Auswahl der Berufsbetreuer. Doch grundsätzlich räumt sie ein: "Schwarze Schafe gibt es überall." Falkenberg darf keine juristische Beratungen machen, doch hat sie, was generelle Beratung in Betreuungsangelegenheiten angeht, einiges an Erfahrung. "Im vergangenen Jahr haben wir 20 Infoveranstaltungen auf Einladung von Vereinen und Institutionen zu diesem Thema angeboten." Und Betreuungsvereine sind nicht die einzigen, die über dieses Thema informieren. Es gibt auch Infoveranstaltungen mit Juristen und Ärzten. Das Gros der Interessenten ist nach Falkenbergs Erfahrung ab 50 Jahren aufwärts, doch gibt sie zu bedenken: "Auch junge Leute sollten sich Gedanken machen, beispielsweise für den Fall, dass sie einen Unfall haben."

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