Selbstbewusst und voller Tatendrang

Auf den ersten, oberflächlichen Blick, ist die Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf ein seltsames Gebilde. Drei Moselgemeinden, die noch nicht einmal aneinander gereiht am Fluss liegen, drei Alftalgemeinden mit zwei Ortsteilen und vier Eifelorte mit drei Ortsteilen, die zum Teil an die Kreisstadt Wittlich angrenzen, haben sich Anfang der 70er Jahre im Zuge der großen Verwaltungs-Gebietsreform freiwillig zu dieser Gebietskörperschaft vereinigt. Und das ohne heftige Debatten oder gar Streit. Die Ämter Bausendorf und Kröv mussten lediglich zusammengelegt werden. Neuerburg und Dorf, ehemals dem Amt Bausendorf zugeteilt, wurden Stadtteile von Wittlich und die Ürziger entschieden sich für die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser geographischen "Zerrissenheit" ist in in den vergangenen 30 Jahren ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl entstanden. VG-Chef Otto Maria Bastgen behauptet stolz und selbstbewusst: "Es gibt keinen Ortsbürgermeister, der sich bei uns nicht wohl fühlt." Damit das so bleibt, achtet Bastgen darauf, dass keine Gemeinde benachteiligt wird. "Sogar der kleine Ort Flußbach mit seinen 470 Einwohnern hat einen eigenen Kindergarten", freut sich der Verwaltungs-Chef.700 000 Gästeübernachtungen

Kröv, der Sitz der Verbandsgemeinde, spielt natürlich wegen seiner Größe (knapp 2500 Einwohner) und seiner Bedeutung als Weinbau- und Touristikort die zentrale Rolle. Das wurde zuletzt eindrucksvoll mit dem Bau der modernen Weinbrunnenhalle dokumentiert. Tourismus, Weinbau und Gastronomie - das sind nach wie vor die wichtigsten Säulen auf denen die Wirtschaft der Verbandsgemeinde steht-zumindest gilt das für die Moselorte Reil, Kröv und Kinheim. Kröv ragt dabei besonders heraus. In Kröv gibt es fast die gleiche Zahl an Gästebetten wie Einwohner. Und dabei ist das Feriendorf Mont Royal nicht mitgerechnet, wo pro Jahr rund 170 000 Übernachtungen registriert werden. In der gesamten Verbandsgemeinde sind es 700 000 Gästeübernachtungen. Die Alftalgemeinden Bengel, Kinderbeuern und Bausendorf sind weniger als Fremdenverkehrsorte, sondern mehr als Orte bekannt, wo es ein sehr reges Gewerbe gibt. Vor über drei Jahren gründeten die Handwerker und Händler sogar einen Gewerbeverein, der mit Erfolg in Bengel schon zwei Gewerbeschauen veranstaltete. Typisch für die Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf sind die vielen kleinen, mittelständischen Gewerbebetriebe. Ein "Großer", wie zum Beispiel Huhtamaki in der VG Zell oder Caesar in der VG Traben-Trarbach, fehlt. Bausendorf und Hontheim profitieren von ihrer Nähe zum Industriestandort Wittlich. Kein Wunder, dass gerade diese beiden Orte in den vergangenen Jahren Bevölkerungszuwächse zu verzeichnen haben. Vor allem Bausendorf entwickelte sich sehr dynamisch, auch deshalb, weil genügend preiswertes Bauland ausgewiesen wurde. Inzwischen hat Bausendorf der Gemeinde Reil den Rang als zweitgrößter Ort der VG abgelaufen. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Einwohnerzahl Bausendorfs von 1199 auf heute über 1400. In Reil gab es hingegen einen leichten Rückgang, wie auch in Kinheim, wo Bauland schwerer zu bekommen ist. Manche "Eigenheiten" der Kröver und der Nachbarorte sind durch die Tatsache zu erklären, dass sie viele Jahrhunderte das "Cröver Reich" bildeten. Kröv und die benachbarten Dörfer Bengel, Kinderbeuern, Kinheim, Kövenig, Reil und Erden haben eine sehr lange gemeinsame Geschichte, die sich von den übrigen Orten an der mittleren Mosel abhebt.Gestritten wird hinter verschlossenen Türen

Das 1399 verfasste Weistum des Kröver Reiches, das fünf Jahrhunderte lang unverändert gültig blieb, gewährte als so genanntes mittelalterliches Grundgesetz den Einwohnern der sieben Dörfer des Kröver Reiches bemerkenswerte Rechte und Privilegien. "Die Geschichte formt das Denken und Fühlen der Menschen nachhaltig und schafft Mentalitäten, die viele Generationen überdauern", schrieb Otto Maria Bastgen vor wenigen Wochen in seinem Grußwort zur Jubiläumsveranstaltung 1250 Jahre Kröver Reich. Selbstbewusst, entscheidungsfreudig, tatkräftig und stolz ohne jeglichen Dünkel, das sind wohl die hervorstechendsten Eigenschaften der Kröver. Während in anderen Orten jahrelang über Sinn und Zweck einer Maßnahme debattiert wird, packt man in Kröv mit vereinten Kräften an. Gestritten wird dort auch - und zwar heftig. Doch meist geschieht das hinter verschlossenen Türen. Und wenn dann die Entscheidung getroffen ist, steht man das auch gemeinsam durch. Ein Nachkarten gibt es in Kröv in der Regel nicht. In Kröv kann man sich auch kaum vorstellen, sich mit einer anderen Verbandsgemeinde zusammenzuschließen. Die Verbandsgemeinde steht wirtschaftlich relativ gut da, der Schuldenstand ist verglichen mit anderen Gebietskörperschaften im Kreis niedrig, und die Verwaltung (22 Mitarbeiter) arbeitet mit weniger Personal als anderswo sehr effizient. Undenkbar für die Kröver, sie müssten sich von einem Bürgermeister aus Traben-Trarbach Vorschriften machen lassen. VG-Chef Otto Maria Bastgen erteilt daher auch allen Überlegungen zu einer möglichen Fusion eine klare Absage: "Wir kämpfen mit allen Mitteln um unsere Selbstständigkeit." b

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