Semiyes "Familie" ist zu klein

TRABEN-TRARBACH. Was hoffnungsvoll begann, hat nun ein Ende, und viele sind traurig: Vor vier Jahren eröffnete die junge Türkin Semiye Bozkurt ein Lebensmittelgeschäft in der Weiherstraße. Der einzige Laden in Trarbach, in dem es noch Grundnahrungsmittel zu kaufen gab, schließt am Freitag, 30. September.

"Ich könnte heulen", sagt Semiye Bozkurt (36), aber der Umsatz ging zurück, das Geschäft war nicht mehr rentabel. Voller Optimismus hatte die junge Türkin am 1. September 2001 ihren kleinen blitzblanken Laden eröffnet, und sie freute sich über viele Kunden, die sogar von Enkirch und Wolf kamen, um bei ihr einzukaufen. Ehemann Ismail (40) fuhr einmal in der Woche nach Frankfurt und brachte Obst und Gemüse aus der Großmarkthalle an die Mosel. Viele türkische Spezialitäten bereicherten das Sortiment, und die zweifache Mutter übte ihren Beruf mit Leib und Seele aus.Kaum noch genug Geld zum Einkaufen

"Meine Kunden waren wie eine Familie für mich", sagt Semiye Bozkurt, aber ihre "Familie" war nicht mehr groß genug. Bereits im vergangenen Jahr zeichnete sich ein Umsatzrückgang ab, doch das Ehepaar Bozkurt kämpfte um den kleinen Laden und gab die Hoffnung nicht auf, dass sich die Situation wieder entspannen würde. Ein Stamm fester treuer Kunden kaufte regelmäßig ein, und besonders die älteren Trarbacher freuten sich, dass sie keine weiten Wege auf die andere Moselseite zurücklegen mussten. "Aber das hat nicht ausgereicht", sagt die Geschäftsfrau. Oft blieb sie auf Obst und Gemüse sitzen, die Ware verdarb "und wir hatten kaum noch Geld zum Einkaufen". Sie öffnet die Kasse und zeigt die Einnahmen einer knappen Woche, nur wenige Scheine liegen darin. Reichtümer wollte die 36-Jährige jedoch auch niemals erwirtschaften. "Es hätte mir gereicht, wenn sich der Laden getragen hätte", sagt sie und seufzt: "Ich bin so traurig". Traurig sind auch ihre treuen Kunden. Karl Caspari, der in Trarbach eine Straußwirtschaft hat, bedauert es sehr, dass das Geschäft schließt. "Für uns war das so praktisch", sagt er, und auch seine Feriengäste schickte er stets zu Semiye. Er erteilt der Geschäftsfrau noch einmal einen Großauftrag für türkischen Schafskäse, der überbacken zu den Spezialitäten der Straußwirtschaft gehört. "Vielleicht reicht der bis zum Ende der Saison", sagt Caspari, der befürchtet, dass er künftig bis nach Koblenz oder Trier fahren muss, um diesen Käse zu bekommen. "Schade, dass Sie weggehen", bedauert auch eine Kundin, doch der nächste Satz lässt erahnen, warum der kleine Laden schließen muss: "Ab und zu braucht man ja was". Die Entscheidung ist gefallen

Oftmals kauften die Bürger eben doch im preiswerteren Supermarkt ein, und nur wenn sie etwas vergessen hatten, wurde der kleine Laden in Trarbach angesteuert. Hätten mehr Trarbacher ihre Einkäufe in der Weiherstraße getätigt, müsste Semiye Bozkurt nun nicht schließen. Besonders schmerzlich ist das für ihre treuen Kunden, die mit ihr gehofft hatten, dass sich der Laden würde halten können. "Die Entscheidung ist gefallen", sagt die 36-Jährige, die darauf hofft, dass sie im Hotel- und Gaststättengewerbe wieder eine Anstellung findet. 15 Jahre Berufserfahrung hat sie, mit allen in einem Hotel und Restaurant anfallenden Arbeiten ist sie vertraut. Aber lieber würde sie natürlich weiterhin in ihrem sauberen kleinen Laden stehen. Traurig sind auch Sohn Ali Kemal (9) und Tochter Hülya (11). "Sie haben gerne im Geschäft mitgeholfen", strahlt die Mutter, "auch den Kindern hat es hier viel Spaß gemacht".

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