Slums, Elend und nette Menschen

WITTLICH. Gerade erst ist sie von den Philippinen zurückgekehrt und schon ist sie wieder weg: die Wittlicherin Tanja Granzow. Die 20-Jährige ist voller Elan.

Ein Jahr lang war sie - organisiert von der "Vereinten Evangelischen Mission" - auf den Philippinen, hat das Land "von unten" kennen gelernt, für eine Menschenrechtsorganisation gearbeitet, sich für fairen Handel engagiert und auch im TV über das asiatische Land berichtet. Nun ist Tanja Granzow nach Tübingen umgezogen, studiert Geschichte, Politik und Ethnologie - und will die Menschen auf den Philippinen auch von Deutschland aus weiter unterstützen (siehe Hilfsprojekt).Wie kommt eine 20-Jährige zu so viel Engagement? Sie weiß es selbst nicht. "Meine Eltern sind nicht so besonders politisch engagiert. Ich habe mich schon immer dafür interessiert, was in der Welt vorgeht, wie die Menschen in anderen Kulturen leben." Das fing an mit Schüleraustauschprojekten in England und Ungarn, ging weiter über ein deutsch-palästinensisches Theaterprojekt und jährliche Treffen der Esperanto-Jugend.Keine Ahnung, woher das Engagement kommt

Nach dem Abi wollte Tanja Granzow dann am liebsten in einem afrikanischen Land arbeiten. Bei der schwierigen Suche nach einer passenden Organisation stieß sie auf die "Vereinte Evangelische Mission". Bei dieser Vereinigung konnte sie sich ihr Zielland allerdings nicht aussuchen - und so landete sie auf den Philippinen. "Ich war skeptisch, dort ist alles sehr veramerikanisiert und ich war doch auf der Suche nach einer alten, eigenständigen Kultur."Dennoch die Entscheidung hat sie nicht bereut. So hat sie ein Stück Asien kennen gelernt und beäugt die Medien nun viel kritischer ("Man hört von dort so wenig, wir wissen mehr über den Hund von Bush als über politische Ereignisse.") Sie weiß nun, was politische Entscheidungen für die Leute vor Ort bedeuten und hat die zum Teil fatalen Auswirkungen von Entwicklungshilfeprojekten gesehen. Dinge, die ihr bei ihrem Berufswunsch, einer Arbeit bei einer internationalen Organisation - "am liebsten dem Auswärtigen Amt" - sicherlich nützlich sein werden.Einsam fühlte sie sich kaum

Sie hat aber auch gelernt, dass Entwicklungsländer und ihre Bewohner ganz anders sind als die Vorstellung, die man sich hier oft von ihnen macht. "Es gibt dort nicht nur Slums, in Manila stehen riesige Shoppingcenter mit Armani und Gucci." Und die Filipinos sind keineswegs vor allem Rebellen, die durch Entführungen wie im Fall der Familie Wallert von sich reden machen. "Die Leute sind sehr nett dort. Wenn ich mich verlaufen hatte, haben sie einen Riesen-Umweg in Kauf genommen, um mir den Weg zu zeigen."Und Tanja Granzow hat viele Menschen kennen gelernt. Sie hat einige Tage in einem Slum gelebt, hat Bauern und halbwegs ursprünglich lebende Stämme besucht und das Elend im Rotlichtbezirk von Manila gesehen. Dafür zog sie alle paar Tage um. Einsam hat sie sich dennoch nur einmal gefühlt. Das war als sie in Cebu, wo sie hauptsächlich lebte, nichts rechtes zu tun bekam. Als sie sich dann im Eine-Welt-Laden der Stadt engagierte, war das gleich wieder besser.Granzow: "Brenzlig wurde es nur einmal"

Brenzlig sei es in dem Staat, in dem immer mehr Militärbasen aufgemacht würden, auch nur einmal geworden, meint Tanja Granzow. Das war, als sie für eine Menschenrechtsorganisation mit anderen einen Fall recherchierte, bei dem zwei Menschen getötet wurden. Die Vertreter der Menschenrechtsorganisation hatten das Militär im Verdacht und wurden vor Ort mit einem Gewehr bedroht. Aber die Situation sei schnell vorbei gewesen, meint Tanja Granzow erstaunlich gelassen, sie hätten den Ort schnell verlassen.

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