Spezialeinheit für Schlaganfallopfer

WITTLICH. Soforthilfe in kürzester Zeit und die Heilungschancen erheblich verbessern: Das ist die Aufgabe der so genannten "Strok unit". Mit rund 350 Schlaganfallpatienten pro Jahr erfüllt das Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich die Voraussetzungen für die Einrichtung dieser speziellen Abteilung, die im Oktober starten soll. Im Rahmen der Serie über das Verbundkrankenhaus stellt der TV diese neue Einrichtung vor.

Krankenhäuser mit mehr als 200 Schlaganfallpatienten haben nach der Zertifizierungsrichtlinie der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft die Möglichkeit, eine "Stroke unit" (zu Deutsch: Spezialeinheit für Schlaganfälle) einzurichten. Mit beinahe doppelt so vielen Fällen ist es für das Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich voraussichtlich ab 1. Oktober dieses Jahres so weit: Vier spezielle Überwachungsbetten bilden am Standort Wittlich unter Leitung von Andreas Hufschmidt, Chefarzt der Neurologie, die neue Einheit. Mit dem so genannten Lyse-Verfahren, der Verabreichung gerinnungshemmender Mittel, können bis zu drei Stunden nach Eintritt des Schlaganfalls noch Ausfallerscheinungen gemindert oder gar der Tod verhindert werden.Die ersten 48 Stunden sind die kritischsten

Insgesamt dauert die kritische Phase, in der eine optimale Behandlung den Krankheitsverlauf noch signifikant beeinflussen kann, nur 48 Stunden. Die "Stroke unit" ist so konzipiert, dass sie alle Untersuchungen schon innerhalb von 60 Minuten leisten kann und die spezifische Therapie innerhalb von drei Stunden aufnimmt. Dafür muss ein Neurologe ständig verfügbar sein, Labor und Computer-Tomografie (CT) müssen eine 24-Stunden-Bereitschaft haben. Zwei Pflegekräfte pro Bett, Physiotherapie und Logopädie, müssen zur Verfügung stehen sowie eine ständige Datenleitung zu den überregionalen "Stroke units" in Trier und Koblenz. Die örtliche "Stroke unit" überwacht alle wichtigen Blutwerte lückenlos und dient als Durchgangsstation für die Behandlung in den ersten vier Tagen. Danach werden die Patienten entweder in die Neurologie oder in die Reha-Klinik weitergeleitet. Studien haben ergeben, dass "Stroke units" die Todesrate bei Schlaganfällen von 23 Prozent auf neun Prozent verringern, zwölf Prozent der dort behandelten Schlaganfallpatienten trugen sogar keine Spätfolgen davon, während es bei einer normalen stationären Behandlung nur neun Prozent sind, die unbeeinträchtigt bleiben. Der Nutzen für die Kranken und deren Angehörigen sowie für die Kassen ist also eindeutig. "Wichtig ist uns jetzt vor allem, die Bevölkerung für die Problematik von Schlaganfällen zu sensibilisieren", erläutert Hufschmidt die Aufgaben zur Vorbereitung der"Stroke unit". Auch vorübergehende und daher scheinbar belanglose Symptome könnten ein ernster Hinweis auf eine derartige Erkrankung sein. Typische Anzeichen eines Schlaganfalls seien Lähmungen oder plötzliche Sprachstörungen. Schwindel, Sehstörungen oder Gang-Unsicherheit kommen auch als Begleiterscheinungen anderer Krankheiten vor, sollten aber auf jeden Fall umgehend untersucht werden. "Bei flüchtigen einseitigen Lähmungen oder Gefühlsstörungen, bei flüchtiger Blindheit auf einem Auge oder Artikulationsstörungen handelt es sich oft um eine so genannte transitorisch-ischämische Attacke, das heißt: Sofort in die Klinik!", sagt Hufschmidt.Risikofaktoren: Stress und Übergewicht

Vor allem Raucher, Diabetiker sowie Menschen mit Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen sind gefährdet. Stress, Übergewicht, zu viel Alkohol, Bewegungsmangel, die Anti-Baby-Pille oder chronische Infektionen kommen als verstärkende Risikofaktoren hinzu. Auch die Rettungsdienste und niedergelassene Ärzte werden in Schulungen auf die Arbeit mit der "Stroke unit" vorbereitet. Es gilt, regionale Kompetenzen in der Versorgung neu zu definieren und oft vorkommende Behandlungsfehler wie das Senken des Blutdrucks bei frischen Schlaganfällen zu vermeiden. Ein Handbuch zum Umgang mit dieser Krankheit ist in Arbeit. Von der neuen Spezialeinheit erhofft sich das Verbundkrankenhaus eine deutliche Entlastung: "Bislang haben wir die Schlaganfälle natürlich genauso professionell behandelt, aber es wurden dafür anderweitig Arbeitskräfte abgezogen, die dann fehlten. Mit zusätzlichem Personal für die ‚Stroke unit' wird sich das ändern", ist Hufschmidt zuversichtlich.

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