Spielzeug in Urlaub

PLATTEN. Eine völlig neue Spielsituation wurde im Kindergarten Regenbogen in Platten geschaffen: Viele Kinder zeigten bei der Beschäftigung ohne Spielzeug in Sozialverhalten und Sprachentwicklung enorme Fortschritte. Spielzeug ist dennoch wichtig und erforderlich für die Entwicklung.

Der Entschluss, das Spielzeug für eine Weile in Urlaub zu schicken, haben Kindergärtnerinnen und Kinder gemeinsam getroffen. Weil vielen Tieren Arme oder Beine fehlten, bei Brettspielen wichtige Teile nicht mehr auffindbar waren und unachtsam mit Spielzeug umgegangen wurde, waren sich alle einig, eine Zeit lang ohne Spielsachen auszukommen. Nicht alles auf einmal, sondern eine ganze Woche nahmen sie sich Zeit, die Dinge zur Erholung auf den Speicher des Kindergartens zu bringen. Weggefallen ist auch das Angebot der Erzieherinnen, sie waren in einer Beobachterrolle und wurden nur auf Anregung der Kinder aktiv. "Wir waren selbst neugierig, wie sich der Kindergartenalltag entwickeln würde. Nicht eingreifen und hauptsächlich beobachten war auch für uns Neuland", sagte Erzieherin Margit Leiendecker. Am Anfang wussten die Kinder nicht, was sie machen sollten, aber schon nach kurzer Zeit fingen sie an, mit Tischen und Stühlen eine Bühne oder eine Lokomotive zu bauen. Sie spielten in größeren Gruppen. Wenn ein Kind eine neue Idee hatte, kamen einige Neugierige hinzu und spielten mit. Ruhigere Kinder konnten sich nicht hinter ihrem Spielzeug "verstecken", sondern mussten auf andere zugehen. Spiel-Ideen mussten den Mitspielern erklärt werden, dadurch wurde die Sprachentwicklung gefördert. Die Kinder entwickelten viel Phantasie beim Spielen, beispielsweise wurde im Sandkasten mit den Händen und Steinen statt mit Plastiksandförmchen Kuchen gebacken. "Wir haben oft fangen oder verstecken gespielt", erzählt die vierjährige Jana.Gesunde Mischung ist wichtig

Die Eltern hatten vor Beginn des Projekts Bedenken, dass ihre Sprösslinge nicht in einen Kindergarten ohne Spielzeug gehen wollen, aber das war nicht der Fall. Auch die Frage "Wann kommt das Spielzeug wieder?" wurde von den Mädchen und Jungen während der gesamten Zeit nicht gestellt. Nach und nach wurden von den Kindern eigene Materialien wie Bierdeckel oder Holz mitgebracht, mit dem sie sich beschäftigten. "Es ist wichtig, dass die Kinder auch durch solche Projekte lernen, ihre Bedürfnisse zu artikulieren, das stärkt ihre Persönlichkeit und hilft später im Leben, besser mit Konflikten klar zu kommen", sagte Christian Thiel, Sozialpädagoge der Caritas, der das Projekt begleitete. Nun kommt das Spielzeug wieder nach und nach zurück, erst die Tiere, dann die Puppenwohnung und schließlich das ein oder andere Brettspiel. "Man merkt, das die Kinder jetzt ganz anders mit den Sachen umgehen, viel intensiver und sorgsamer", freut sich Erzieherin Katharina Henrichs. "Es ist schön, dass das Spielzeug wieder da ist, ich spiele am liebsten mit den Tieren", meint der sechsjährige Florian. Ganz auf Spielzeug verzichten möchte man trotz des Erfolgs des Projekts nicht "das wird zu weltfremd, Spielzeug fördert die Kinder ja auch. Eine gesunde Mischung ist wichtig, aber alles wird nicht mehr zurückkommen", erklärt Margit Leiendecker.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort