Spitzenrieslinge zu Spitzenpreisen

TRIER. 65 Prädikatsweine, vorrangig 2004er, sind gestern bei der jährlichen Versteigerung der Weingütervereinigung Großer Ring unter den Hammer gekommen. Auf 1550 Euro brachte es ein Eiswein des Saarweinguts Egon Müller-Scharzhof.

In der Trierer Europahalle herrscht babylonisches Sprachengewirr und eiliges Gewusel. Deutsche, Italiener, Tschechen, Franzosen, Schweden, Holländer, Engländer, Japaner und Australier: Aus der ganzen Welt sind Weinhändler und -liebhaber nach Trier gereist, um bei der Weinversteigerung des Großen Rings Mosel-Saar-Ruwer dabei zu sein.Kein Limit bei Trockenbeerenauslesen

Die Weinkommissionäre haben Mühe, ihre Kunden an den langen Tafeln unterzubringen. Jeder möchte ganz vorne sitzen. Die Großhändler nehmen an den Tischköpfen Platz. Einer von ihnen ist Bernd Weber, Inhaber der altehrwürdigen Trierer Weinkommission Fritz Steinlein. Der Auktionator eröffnet die Versteigerung. Die Spätlesen und Auslesen des Weinguts Wegeler Erben aus Bernkastel-Kues kommen als erstes an die Reihe. "36 für 40 Euro", flüstert ein tschechischer Weinhändler Bernd Weber auf Englisch zu. "Sechs bis 50", beauftragt ein anderer Kunde den Weinkommissionär. Der macht sich Notizen, hört mit halbem Ohr auf den in Ein-Euro-Schritten steigenden Weinpreis, und als seine Kollegen aufstehen, um sich vor der Bühne miteinander abzusprechen, ist er dabei, um sich das von seinen Kunden geforderte Kontingent zu sichern. Bei 40 Euro fällt für die mit 27,50 Euro angesetzte Riesling Auslese aus der Lage Bernkasteler Doctor schließlich der Hammer. Wie abgesprochen, teilen sich die Kommissionäre die 120 versteigerten Flaschen. Weber hat Glück: Das Preislimit, das ihm seine Kunden gesetzt haben, wurde nicht überschritten.

Das ist nicht bei allen der 65 Spitzenweine so, die an diesem Nachmittag versteigert werden. Bei der Nummer 16, einer Auslese des Weinguts Joh. Jos. Prüm aus dem Graacher Himmelreich übersteigen die 210 Euro, die die zu 80 Euro angesetzte Flasche erzielt, die Schmerzgrenze einiger von Webers Kunden. Andere scheinen schmerzfrei zu sein: "Bei den Trockenbeerenauslesen haben mir einige Kunden kein Limit gesetzt", sagt Weber. Und was, wenn Kunden anderer Kommissionäre für ihre Lieblingsweine auch zu allem bereit sind? "Bis ins Unendliche steigere ich nicht mit", sagt Weber, "der Preis sollte letztendlich immer noch vernünftig sein." Neben ihm am Tisch sitzt Josef Steinlein, von dem Weber die Weinkommission vor 15 Jahren übernommen hat. "Ich war schon bei der ersten Versteigerung 1939 dabei. Da haben wir eine Graacher Goldwingert Edelbeerenauslese für 6000 Mark ersteigert", erzählt der 84-Jährige. "Für ein Fuder natürlich", schiebt er schelmisch hinterher. Die nächste Versteigerung habe dann erst 1948 stattgefunden. "Und seit dem bin ich jedes Jahr dabei", sagt der alte Herr. Nach vier Stunden des Schwenkens, Riechens und Probierens steigert sich die Veranstaltung ihrem Höhepunkt entgegen: die Versteigerung der Eisweine und Beerenauslesen. Den Spitzenpreis von 1550 Euro erzielt der Eiswein des Saarweinguts Müller-Scharzhof aus Wiltingen.

Liste der erzielten Preise im Internet: www.vdp-grosserring.de

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