"Sprach-Gewalt"

WITTLICH. (peg) Rund 30 schweigende Menschen auf dem Marktplatz: Wenn sich die Reichspogromnacht jährt, gemahnen sie an die Gräuel im nationalsozialistischen Deutschland.

Rund 30 Männer und Frauen waren es diesmal, die mit einer Mahnwache auf dem Marktplatz an die Reichspogromnacht von 1938 erinnerten. Eher weniger als in anderen Jahren, befand Brigitte Iseke, die als Mitglied des Arbeitskreises "Jüdische Gemeinde" nicht nur zurück blickte, sondern den Bogen bis in die Gegenwart spannte. Sie zitierte zu Beginn der Veranstaltung den Wunsch so manches Franzosen nach einer Reinigung trostloser Vorstädte mit Hochdruckreinigern von jugendlichem Abschaum: Gewaltbereitschaft offenbart sich auch in der Sprache. Nicht nur Mitglieder des Arbeitskreises und des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage stellen sich alljährlich am 9. November auf den immer dunkler werdenden Marktplatz. Nicht organisierte Bürger lassen sich ebenfalls davon berühren: Immerhin fanden Plünderung und Zerstörung vor der eigenen Haustür statt, lange Zeit sichtbar an der erst Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg restaurierten Synagoge in der Himmeroder Straße. Die Mahnwache wurde mit dem Jüdischen Totengebet abgeschlossen. Danach ging es gemeinsam zur heute für kulturelle Zwecke genutzten Synagoge, wo der Beigeordnete Albert Klein für die Stadt Wittlich einen Kranz neben den der Trierer Jüdischen Kultusgemeinde niederlegte.

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