Tatort Hunsrückhaus

DEUSELBACH/MONTABAUR. (iro) Die Eifelkrimis von Jacques Berndorf sind bundesweit aus den Buchläden nicht mehr wegzudenken. Eine ähnliche Marke im Hunsrück ist nicht in Sicht, auch wenn es natürlich Kriminalromane gibt, die hier spielen. Der pensionierte Lehrer Jürgen Adam will das ändern und bietet zunächst eine Schreibwerkstatt an.

 Nur fürs Foto greift Jürgen Adam auch mal zur Waffe. Ansonsten liegt ihm die Rolle des Schreibtischtäters mehr. Foto: Ilse Rosenschild

Nur fürs Foto greift Jürgen Adam auch mal zur Waffe. Ansonsten liegt ihm die Rolle des Schreibtischtäters mehr. Foto: Ilse Rosenschild

Dass dieses Genre im Hunsrück eher spärlich vertreten ist, verwundert ein wenig, zumal ja der Urvater aller Räuber im Hunsrück beheimatet ist: der Schinderhannes. Der Räuberhauptmann mit zahlreichen Komplizen hat die Messlatte für brutale Verbrechen hoch gelegt. Doch damit hört die Reihe der hiesigen - allerdings in der Regel erfundenen - Kriminalfälle längst nicht auf. Einer von ihnen, "Welcome Ossi" von Wolfgang Brenner, spielt sogar in Morbach, das im Werk selbst zu "Bubach" verfremdet, aber leicht erkennbar ist. "Der Hunsrück ist keine Idylle", davon ist der pensionierte Lehrer Jürgen Adam fest überzeugt. Um das zu belegen, blickt er zunächst in die Vergangenheit. Zu Zeiten seines Großvaters sei manches, was heute als kriminell gilt, durchaus üblich gewesen, zum Beispiel das Wildern. "Die Leute hatten sprichwörtlich nichts zu beißen", weiß der 57-Jährige. Und nach dem Krieg ist er selbst "in unklaren Rechtsverhältnissen aufgewachsen", wie er es formuliert. "Wenn wir was entdeckt haben, haben wir das mit nach Hause genommen", schildert er weiter. Ein Unrechtsbewusstsein hätten er und seine Spielkameraden unter den Besatzern nicht gehabt. Doch auch die jüngere Vergangenheit bietet laut Adam genug Stoff für Gänsehaut-Geschichten. Er erzählt von einem Mordfall ohne Leiche, deren Spuren in den Hunsrück wiesen und von einer mysteriösen Gewalttat an einer unbekannten Frau auf einem Parkplatz, die obwohl schwerst verletzt, nie wieder auftauchte.Spukige Winkel gibt es auch im Hunsrück

Den gebürtigen Deuselbacher kennt man im Hunsrück als Mitglied und Anhänger des Vereins zur Verzögerung der Zeit und Veranstalter von Seminaren wie "Mut zur Eigenzeit". Demnächst lädt er Autoren und solche, die es werden wollen, zu einer Krimiwerkstatt in den Hunsrück ein. Die Idee kam ihm als Lehrer in Kusel. Mit den Gymnasiasten durchkämmte er den Ort nach "spukigen Winkeln" und gruseligen Ecken, die es in jedem Ort gibt. In kürzester Zeit entstand ein Krimi, der "spaßig war und gut ankam". Spukige Winkel gibt es natürlich auch im Hunsrück. Ein "Lieblings-Tatort" von Adam ist eine verlassene Tankstelle an der Hunsrückhöhenstraße bei Hirschfeld. Die leere Immobilie inklusive eines ausgestopften Hundes, den Adam dort fand, samt einem aufgebrochenen Briefkasten, einem Hinweisschild zu einer Morbacher Gaststätte und einem "Love-Mobil" ganz in der Nähe - schon sind für den Hobby-Kriminalisten die wichtigsten Zutaten für einen guten Krimi beieinander. Adam will im Seminar eine Reihe solcher Bildimpulse setzen. Dann können die Krimifreunde ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Der Referent bietet auch Zeitungsausschnitte und nie gelöste Fälle als Quelle für Inspirationen an. Allerdings haben die Seminarteilnehmer alle Freiheiten. Wer mit eigenen Ideen kommt, ist natürlich herzlich willkommen. Methodische Tipps gibt‘s frei Haus. Adam selbst will natürlich auch zum "Schreibtischtäter" werden. Hat der Pädagoge, der heute in Montabaur wohnt, übrigens eine Erklärung für die enorme Beliebtheit dieser Art Literatur? Na klar: "Die Welt wird immer komplizierter. Deshalb haben die Menschen Lust auf einfache Lösungen." Die Krimiwerkstatt "Tatort Hunsrück" ist am Samstag, 18. Februar und 11. März, ab 9 Uhr im Hunsrückhaus statt. Anmeldung unter 06504/778 oder hunsrueckhaus@t-online.de. Keine Vorkenntnisse erforderlich.

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