Technik fürs Land

REIL. Die Zahl der Jobs für Akademiker ist auf dem Lande begrenzt. Dabei kann die moderne Kommunikationstechnik in Form von Tele-Arbeitsplätzen Abhilfe schaffen. Eleonore Roth aus Reil, die für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) arbeitet, hat das Glück, drei Tage in der Woche von zu Hause aus ihren Job zu erledigen.

Wer zur Arbeit ins Büro fährt, macht sich in der Regel etwas schick und zieht zweckmäßige, aber dennoch etwas feinere Kleidung an. Eleonore Roths Arbeitsplatz liegt nur ein paar Schritte von Wohnzimmer, Küche und Schlafzimmer entfernt. Und doch setzt sie sich nicht in Bademantel und Pantoffeln an ihren Schreibtisch, sie macht sich ein bisschen fein, schminkt sich dezent, denn sie "geht ja zur Arbeit". Ihr Arbeitsplatz ist ein kleines, gemütlich eingerichtetes Büro in der zweiten Etage ihres Wohnhauses in der Reiler Bergstraße. Dort stehen Computer, Telefon, Fax, Scanner und Drucker. Dreimal die Woche sitzt sie hier, diszipliniert hält sie die Arbeitszeit ein, genauso wie ihre Kollegen in der Zentrale der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn bei Frankfurt. Zweimal die Woche muss sie dennoch nach Eschborn reisen, zumeist nimmt sie die Bahn, um dort an Konferenzen und Besprechungen teilzunehmen. Dann übernachtet sie bei ihrer Schwester Birgitt, die schon seit langem in Frankfurt lebt. Eleonore Roth, die in Frankfurt Erziehungs- und Sozialwissenschaften studierte, arbeitet seit 1983 bei der GTZ. Zurzeit ist die 56-Jährige Ländermanagerin für Nepal, zuvor war sie unter anderem zuständig für Bangladesh und Indien. Vor sechs Jahr kehrte sie zurück in ihren Heimatort Reil. Mitgebracht hatte sie ihren damals elfjährigen Sohn. Die allein erziehende und berufstätige Mutter hatte Probleme, in Frankfurt ihren Sohn zu betreuen. Entsprechende Angebote fehlten schlichtweg. In ihrem Haus in Reil wohnt auch Eleonore Roths Mutter Hedwig. Sie kann schon mal auf den inzwischen 17-Jährigen "aufpassen" und ihm Essen machen. Dass Eleonore Roth wieder in Reil ist und dennoch ihren hochqualifizierten Beruf ausüben kann, hat sie zum einen der modernen Kommunikationstechnik und zum anderen ihrem Arbeitgeber zu verdanken, der ihr die Möglichkeit anbot, von zu Hause aus zu arbeiten. Voraussetzung dafür ist aber ein TDSL-Anschluss. In der Reiler Bergstraße gibt es diesen Anschluss, nicht aber im "Unterdorf". Eleonore Roth loggt sich jeden Morgen von ihrem PC aus in den GTZ-Rechner in Eschborn ein und fängt dann an zu arbeiten. Sie bereitet Regierungsvorlagen vor (die GTZ ist eine Durchführungsgesellschaft für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), sie erstellt zusammen mit Fachkollegen Dokumentationen und bereitet Entwicklungsprojekte vor. Eleonore Roth, die sich, seit sie wieder in Reil ist, auch im Gemeinderat engagiert, hält es für einen Glücksfall, dass sie diese Möglichkeit der modernen Kommunikation nutzen kann. "Auch andere Firmen sollten den Mut haben, Telearbeitsplätze anzubieten. Dann könnten auch mehr Menschen in den Dörfern bleiben", sagt sie.

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