Teils perfekt, teils einfach nur laut

Wittlich. (gkl) Mit drei nicht unbedeutenden Neuerungen geht der Jazzclub Wittlich in die neue Konzertsaison, die, wie immer, mit einem Jazzmeeting startete. Schon zum 12. Mal versprach der Club ein Wochenende lang Jazz in geballter Form.

Roberto Di Gioia's Marsmobil, das Duo Rolf und Joachim Kühn sowie das "European Jazz Quintet" sollten für musikalischen Hochgenuss sorgen und die Wittlicher Jazzfreunde nach der sommerlichen Durststrecke wieder auf den Geschmack bringen. Zum ersten Mal hat sich der Jazzclub in diesem Jahr mit seinem Meeting unter das Dach der Mosel Festwochen begeben. Werbestrategisch mit Sicherheit eine Idee, die man nicht unterschätzen sollte. Schließlich bietet das Moselfestival eine Plattform, die weit über die Region hinaus geht und die Aufmerksamkeit von vielen potentiellen Konzertbesuchern auf den feinen, aber doch kleinen Club lenkt. Eine Zusammenarbeit, die sich vielleicht nicht sofort, auf lange Sicht aber durchaus sehr positiv bemerkbar machen könnte. Merkwürdig nur, dass es kaum einen Hinweis auf die neue Partnerschaft gab. Hätte Eckhard Bose in seiner Begrüßung nicht auf die Kooperation hingewiesen, keiner hätte es gemerkt.Eventplanung mit Netz und doppeltem Boden

Dass Zusammenarbeit neue Perspektiven öffnen kann, zeigte sich dann auch beim Durchblättern des Jahresprogramms. Erstmals kann der Club ein Open-Air-Konzert anbieten (9. Juli 2005), das, sollte das Wetter nicht mitspielen, nicht ins buchstäbliche Wasser fallen muss. Sollte die Witterung nicht dem entsprechen, was man von einem Sommermonat erwarten kann, bietet der Partner und Gastgeber, das Hotel Lindenhof, die Möglichkeit, das Konzert in den Saal zu verlegen. Optimale Eventplanung mit Netz und doppeltem Boden. Gewohnt war man aus den vergangenen Jahren ein dreitägiges Meeting vom Freitag bis zum Sonntag. In diesem Jahr verzichtete man auf den dritten Tag und veranstaltete am Samstag zwei Konzerte hintereinander. Zunächst stand das Duo Kühn auf der Bühne und stellte sein Programm "Love Stories" vor. Die aus Leipzig stammenden Brüder gehören zum deutschen Urgestein ihres Genres, was auch in Wittlich zum Tragen kam. Absolute Professionalität kennzeichnete ihren Auftritt, gepaart mit überragender Musikalität. Eine Freude für alle Jazzfans. Nicht weniger erfahren, nicht weniger professionell, ging es anschließend mit dem Quintett um den Bassisten Ali Haurand weiter. Zusammen mit den Saxofonisten Alan Skidmore und Gerd Dudek, dem Pianisten Rob van den Broek und Tony Levin stand auch hier eine Formation auf der Bühne, die ein rechtes Jazzohr klingen ließ. Alle fünf nahmen ausführlich die Gelegenheiten wahr, ihre solistische Meisterschaft an den jeweiligen Instrumenten zu beweisen. Nicht weniger beeindruckend ihr perfektes Zusammenspiel. Ein überzeugender Abend auf der ganzen Linie. Wie anders der Auftakt des Meetings. Angekündigt war Musik, die laut Programmheft "dem Ohr und dem Verstand schmeichelt, witzig und intelligent ist". Was man erleben konnte, war ein geballter Angriff auf die Funktionsfähigkeit der Hörorgane, bei der man um die Statik des Saales fürchten musste. Hier musste die Frage gestattet sein, was das mit Jazz zu tun hat. Einzig der Feststellung, dass die Darbietungen "Disco-tauglich" seien, mag man zustimmen. Auch dort erlebt man ja häufig, dass musikalische Unzulänglichkeiten, insbesondere der vokalen Solisten, durch Lautstärke kompensiert werden. Das Bemühen, auch ein jüngeres Publikum für die Konzerte des Jazzclubs zu begeistern, ist verständlich und richtig. Der Club sollte aber seinen bisherigen Ansprüchen treu bleiben, die sich in erster Linie durch hohe Qualität auszeichneten.

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