Toleranz begegnen

WITTLICH. Einige Hundert Besucher kamen zum diesjährigen Tag der Offenen Tür in die Moschee in der Schlossstraße Der Imam nutzte die Gelegenheit, die große Toleranz des muslimischen Glaubens zu verkünden.

Weil der Imam Ömer Elmaci kein Deutsch spricht, war er auf die Hilfe eines Übersetzers angewiesen, der an seiner Seite Besuchergruppen durch die Moschee führte. Der war schnell gefunden: Gemeindemitglied Yildiz Yilmaz übernahm den Job des kundigen Fremdenführers. Die im Koran verankerte Toleranz des islamischen Glaubens war eines der Themen, die deutsche Besucher nach dem 11. September, nach Selbstmordattentätern und dem kürzlich verkündeten Kopftuchurteil einer muslimischen Lehrerin in Baden-Württemberg besonders interessierten. "Wir müssen einen gangbaren Weg finden, damit beide Seiten nicht überreagieren", übersetzte Yilmaz die Worte seines Imam. Sowieso gebe es nur den einen Gott, mit welchem Namen die Gläubigen unterschiedlicher Richtungen ihn auch ansprächen. Für das funktionierende Miteinander der Religionen in Wittlich spricht die Vergangenheit, so Yilmaz. Als die islamische Gemeinde noch nicht im Besitz eines eigenen Gebetshauses gewesen ist, haben sich Gläubige in der Turnhalle des katholischen St. Markus Kindergarten versammeln dürfen - ein Beispiel für Rücksicht im Umgang miteinander.Türkischer Tee und eine Heiratsgeschichte

Die Gäste am Tag der Offenen Tür waren aus Wittlich, aber auch von weiter her gekommen, wie Mohammad Sayitas, Imam aus Konz. Gelockt haben nicht zuletzt ungezählte süße und pikante Köstlichkeiten, die fleißige Frauen selbst zubereitet hatten. Auch der Verkauf dieser Leckereien oblag den Frauen, nicht anders als bei vergleichbaren Veranstaltungen unter Katholiken oder Fußballern, wie eine deutsche Frau bemerkte. Auch Bürgermeister Ralf Bußmer gestand seine große Leidenschaft für selbst gemachten Blätterteig. Er hatte den kompletten Nachmittag bei den Muslimen verbracht, immer wieder einen stärkenden, türkischen Tee in der Hand wiegend. "Ich genieße die angenehme, gastfreundliche Atmosphäre sehr." Zwei aufmerksame Damen aus Greimerath lauschten den Worten des Imam im nur schuhlos zu betretenden Gebetsraum in der oberen Etage. Nein, Neues hätten sie nicht direkt erfahren, meinte die eine, die in den 70er Jahren bereits eine Reise nach Istanbul unternommen hatte, aber es sei dennoch anregend gewesen. Im unteren Stockwerk, wo zwischen Getränken und Speisen rege Gespräche geführt wurden, diskutierte auch Hilke Johanssen-Lipke mit einer Freundin. Klar, sagte sie, sei sie erstens schon mal wegen des guten Essens hier. Die Kontakte zur muslimischen Gemeinde reichten allerdings weiter. "Ich kaufe regelmäßig im Laden nebenan ein und kenne die Besitzerin ein bisschen. Unsere Kinder spielen miteinander." Vor einigen Wochen sei sie sozusagen von der Ladentheke weg zu einem "Notfall" gerufen worden. Ein Amerikaner und eine Indonesierin wollten in der Moschee heiraten. Dafür musste er zunächst zum Islam übertreten. Johanssen-Lipke übersetzte vom Englischen ins Deutsche, Sebahattin Topal, der Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Union, vom Deutschen ins Türkische, und vom Imam ging es wieder andersherum bis zum willigen Bräutigam zurück. Klar, dass die hilfsbereite Dame auch bei der kurze Zeit später folgenden Trauung aushelfen musste - und viel Spaß dabei hatte. Sebahattin Topal, der trotz Krankheit kurz am großen Festtag vorbeischaute, war zufrieden. "Wir schätzen, dass heute 500 Leute hier waren."

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