Ufo-Pokal im Sonnenlicht

GLADBACH. Wie kommt die Kunst in die Turnhalle? Die Verbandsgemeinde Wittlich Land hat bei einem "Kunst am Bau Projekt" auf die gebürtige Wittlicherin Senne Simon gesetzt. Ihre Arbeit "Pokale" in Gladbach ist ein Paradebeispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Kommune und Künstler, die nicht nur die Architektur aufwertet.

An erster Stelle stand der Sport: Doch das freundliche Tageslicht in der Schulturnhalle in Gladbach lenkt den Blick auch auf eine Besonderheit, die die klare Architektur ergänzt: Die Längsseite unter den großzügigen Oberlichtern ist nicht einfach "Wand", sondern eine große Pokalparade hinter Plexiglas. Die Trophäen hat Senne Simon gemalt: Elegant, henkelverziert, hochstielig, dickbauchig, traditionell, futuristisch thronen still über 60 verschiedene Zeichen des Sieges auf grünem Grund. (siehe Abbildung oben) Sie erinnern bei aller Modernität ein wenig an kretische Freskenmalerei. "Die Arbeit war eine Herausforderung. Irgendwann hat sich das Thema Pokale herauskristallisiert", sagt die Künstlerin, die in Berlin lebt und den Heimatbesuch mit einem Wiedersehen in Gladbach verbunden hat. Beate Geuter, kommissarische Schulleiterin der Grundschule Gladbach, steht neben ihr und blickt auf das Bild mit dem Extremformat 24 Meter mal 70 Zentimeter. Sie sagt: "Ich habe in meinem Berufsleben schon viele Turnhallen gesehen. Von der Funktion her ist mir die Halle auch ohne Kunst lieb und wichtig, denn an erster Stelle steht hier ja die Bewegung." Dennoch freut sich die Lehrerin über die Extra-Ausstattung, die sie bei ihrem Amtsantritt im August vorfand. Senne Simon erklärt ihre Idee zur Motivwahl: "Blümchen wären unpassend gewesen. Die Arbeit soll respektvoll mit der Architektur, der Funktionalität des Raums korrespondieren und dennoch eigenständig sein. Mit den Pokalen habe ich den Kindern praktisch Vorschusslorbeeren mitgegeben.Palette und Pinselstrich statt Nullen und Einsen

Die Trophäen sind jetzt schon da, der Wettkampfdruck ist ihnen genommen, sie können sich auf den Sport konzentrieren." Es seien keine Pokale, wie man sie aus der Kneipe oder dem Klubhaus kennt, sondern an die Kulturen der Römer bis zu den Chinesen abgeleitete Gefäßformen: "Denn die verschiedenen Kulturen der Welt sind ja auch gerade im Sport, der international ist, ein wichtiges Thema." Die einzelnen Motive wurden zunächst Pokal für Pokal in Öl auf Holz gemalt, dann eingescannt, auf Fotomaterial ausbelichtet, auf Platten geklebt und mit Plexiglas geschützt. Die klassische Malerei als Grundlage der Arbeit, die trotz des Variantenreichtums im Detail durch ruhige Schlichtheit im Gesamteindruck überzeugt, ist der Künstlerin wichtig: "Die Qualität der Malerei bleibt sichtbar. Macht man so etwas nur mit dem Rechner, bleibt immer was künstliches, denn der arbeitet ja nur mit Nullen und Einsen und hat weder meine Palette noch meinen Pinselstrich." Wie bei einer idealen Landschaft bieten Fern- wie Detailansicht der Gladbacher Arbeit harmonische Bildqualitäten, lassen das Auge auf Wanderschaft gehen und Geschichten suchen. Steht dort nicht ein "Schulsport-Oscar", haben die Kinder schon den Ufo-Pokal entdeckt? Jedenfalls war für die Künstlerin auch ihr Auftraggeber, die Verbandsgemeinde Wittlich-Land, ein Glücksfall: "Ich hatte freie Hand. Der Kontakt war schon durch meine frühere Arbeit in Sehlem da." (siehe auch Hintergrund) Bürgermeister Christoph Holkenbrink hat sich laut Senne Simon stets offen und interessiert mit ihrer Arbeit auseinander gesetzt, die Zusammenarbeit mit den kommunalen Gremien und der Verwaltung hat sie als sehr positiv erlebt. "Wenn eine Gemeinde den Weg zum Interesse an der Kunst finden kann, dann ist das für mich ein größeres Kompliment, als wenn ein Spezialist aus der Kunstwelt die Arbeit einordnen kann. Und die Dinge, mit denen man sich im Alltag umgibt, sind wichtig. Kunst ist eine Investition, die sich lohnt, besonders, wenn Kinder davon profitieren können."Wie Kunst, wenn sie wie auch in Gladbach für einen Ort konzipiert wurde und dort durch ihr Dasein den Ort prägt und verändert, zeigt ein bekannteres Werk von Senne Simon: Der Marmorkreisel im Wittlicher Stadtpark. "Dabei habe ich viel gelernt. Ich war noch sehr jung und wusste, dass ich in meinem Heimatort was machen will, womit ich in 20 Jahren noch leben kann. Ich wollte was simples, einfaches finden, wie ein Gedicht. So ließ ich mein Spielzeug in der Heimat zurück. Heute ist es noch eine für mich wichtige Skulptur, die, wie man sieht, gerne besucht wird."

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