Um das Mosellied wird's immer stiller

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach · Bands wie "Double Uplift" und "Beat Pack" statt Walzertakt und Schunkelmusik: Die alten Mosel- und Trinklieder werden bei Weinfesten immer seltener gespielt. Deshalb setzen sich viele Sänger für diese Tradition ein.

 Helga Bergweiler aus Wehlen hat einen großen Schatz an Moselliedern. TV-Foto: Ursula Quickert

Helga Bergweiler aus Wehlen hat einen großen Schatz an Moselliedern. TV-Foto: Ursula Quickert

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach. "Oh Mosella, du hast ja so viel Wein": Niemand kann zählen, wie viele Menschen zu diesem Lied schon geschunkelt haben. Früher gehörten "Wenn der Wein blüht" und "Im weiten deutschen Lande" zu jedem Weinfest wie der Wein selbst. Heute hört man sie immer seltener. Partybands treten an die Stelle der Gruppen, die Mosellieder spielen - und deren Zahl ebenfalls stark zurückgegangen ist.
Eine, die das bedauert, ist Helga Bergweiler aus Bernkastel-Wehlen. Sie singt im Eulenchor, der die alten Lieder erhalten will. "Sie sind für mich sehr, sehr wertvoll; sie führen die Menschen zusammen. Ohne sie ginge ein Stück Heimatverbundenheit verloren", sagt sie. Selbst hat sie ein Stück namens "Wer einmal in Wehlen war" geschrieben.
Auch der Traben-Trarbacher Gefangenenchor will diese Tradition aufrecht erhalten. Leiter Heinrich Kappel aus Monzelfeld schreibt Lieder zum Beispiel über den alten Stadtturm. Diese Musik sei schließlich Werbung für die Gegend. "Es kommt so stolz gezogen der Strom im Sonnenschein, und schlinget seine Wogen durch heller Hügel Reih\'n" - das weckt schonmal die Urlaubslust.
"Diese Lieder müssen wieder viel stärker forciert werden", sagt deshalb Kappel, der auch weiß, was zu einem guten Mosellied gehört: der Walzertakt zum Schunkeln und das Besingen der schönen Landschaft. Gerade schreibt er an einem Stück über die offenen Weinkeller im Moseltal. Chorkollege Berthold Aatz aus Traben-Trarbach berichtet: "Die Begeisterung ist da. Die Leute wollen solche Lieder hören und singen gerne mit." Das bestätigt Wolfgang Gilles, einer der Altstadtsänger aus Bernkastel-Kues. "Das Interesse ist erstaunlich groß, die Leute warten darauf."
Doch heute sind solche Musikgruppen oft nur bei der Eröffnung von Weinfesten zu hören. Für das Abendprogramm müsse man Bands finden, die jeden Geschmack bedienen, erklärt Barbara Jakobs, die bei der Tourist-Info in Bernkastel-Kues für die Organisation des Weinfests der Mittelmosel zuständig ist. Also gibt\'s Rock und Pop, Rhythm\' and Blues und Rock\'n\'Roll. Tagsüber treten dann die traditionellen Musikkapellen in der Stadt auf.
Hubert Kappes, der schon seit 36 Jahren die Weinkirmes in Zeltingen-Rachtig organisiert, erklärt: "Die Leute wollen lieber unterhalten werden und nicht unbedingt mitsingen." Deshalb würden immer weniger Mosellieder gespielt.
Musik ist eben eine Geschmacks- und damit Generationenfrage. Helga Bergweiler zumindest erlebt ein ganz anderes Bild, wenn die Wehlener Eulen im Seniorenheim zu Besuch sind. Dann singen alle mit - und selbst die Demenzkranken erinnern sich an die Texte.

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