Viebig contra Kaiser
EISENSCHMITT. Ausstellungen locken die Besucher in das Clara-Viebig-Zentrum. Jetzt ist auch die Literaturwissenschaft aufmerksam geworden. Professor Hermann Gelhaus engagiert sich an der Salm.
Das Clara-Viebig-Zentrum (CVZ) in Eisenschmitt gewinnt an Fahrt. Und das in mehrfacher Hinsicht. Im Oktober lockte es begeisterte Fans zur größten Buchtheke der Welt mit Clara-Viebig-Werken an. Mehr als 400 Menschen, soviel wie Eisenschmitt Einwohner hat, zog es in das Dorf an der Salm. Derzeit präsentiert der Krippenbauer Manfred Hubert seine Weihnachtskrippen (der TV berichtete) bis zum 18. Dezember. Vielfältig also die Aktivitäten des CVZ. Jetzt zeigt auch die Wissenschaft verstärktes Interesse an der Aufarbeitung der Viebig-Werke. Kürzlich besuchte Linguistikprofessor Hermann Gelhaus (Uni Trier) bereits zum zweiten Mal das CVZ. Gelhaus will nach seiner jüngst erfolgten Emeritierung das Clara-Viebig-Zentrum mit der weiteren Erforschung der Viebig-Werke unterstützen. Er beabsichtige, Akzente zu setzen und das Image von Clara Viebig ihrem tatsächlichen Wirken anzupassen, so Gelhaus. Bisher werde Viebig oftmals einseitig als Eifeler Heimatschriftstellerin deklariert. Dies entspreche nicht ihrer Bedeutung für die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Sie habe ebenso in Berlin oder am Rhein gewirkt. Wenig bekannt sei auch, dass Viebig eine Gegnerin der Kriegspolitik Kaiser Wilhelm II. und des Ersten Weltkrieges war. Außerdem regt Gelhaus an, den Eisenschmittner Brunnen, im Volksmund Clara-Viebig-Brunnen genannt, in Publikationen stärker hervorzuheben. Gelhaus und dessen Kollege, der Literaturwissenschaftler Professor Georg Guntermann von der Uni Trier, werden sich zudem an der Eisenschmittner Ortschronik mit Beiträgen zum Leben und Werk Clara Viebigs beteiligen. Die Chronik ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Denn die Eisenschmittner Ortsgeschichte unterscheidet sich grundlegend von der Entwicklung anderer Orte. Die Eisenherstellung war Auslöser für die Ortsgründung (Ersterwähnung 1372) und kennzeichnete ein halbes Jahrtausend das Geschehen im Ort. Außerdem hat sich die Chronik zum Gemeinschaftswerk der Eisenschmittner Bevölkerung entwickelt. Viele Ortsbewohner werden mit eigenen Beiträgen oder gemeinsamen Aufsätzen vertreten sein. So haben sich zum Beispiel mehrere Jugendliche auf die Suche nach alten Wegekreuzen in und um Eisenschmitt gemacht und schreiben darüber. Johanna Meier, eine der ältesten Dorfbewohnerinnen, stellt zusammen mit ihrer Tochter Marianne Gores die Hausnamen zusammen. Gottlieb und Alfred Kremer schreiben über das Eisenschmitter Elektrizitätswerk. Peter Bros hat die Geschichte der Feuerwehr aufgrund eines Protokollbuchs aus der Kaiserzeit aufgearbeitet. Etwa 30 Bürger bringen sich mit Tipps oder selbst Geschriebenem ein. Erscheinen wird das Werk voraussichtlich im Frühsommer 2006.