Viele Düppen und ein Dichter

LANDSCHEID. Spricht man über die Mehrortsgemeinde Landscheid, die seit 1975 die Gemeinden Burg/Salm, Niederkail und Landscheid vereint, fällt immer ein Name: Peter Zirbes. Er verkörpert noch heute nicht nur den typischen fahrenden Händler, sondern er blieb im Gedächtnis als erster "Eifeldichter".

Im Märzen spannte nicht nur der Bauer die Rösser ein. In Landscheid, Niederkail und Burg machte sich dann auch das Wandergewerbe auf den Weg, um die "Irdenwaren", das Steingutzeug der Krugbäckereien aus der Nachbarschaft wie Niersbach, Bruch, Binsfeld oder Speicher unters Volk zu bringen. Mit dem Hund, Esel oder Ochs und Pferd vorm Leiterwagen oder der "Reetz" oder "Hotte" auf dem eigenen Rücken, verkauften die Hausierer die "Düppen", Krüge und Schüsseln und machten auf ihren Wanderschaften auch ihre Heimat bekannt. Der fahrende Sänger, gebürtig zu Niederkail

Eine Schrift von 1501 aus Landscheid ist die älteste Quelle, die das Gewerbe belegt. Die "Ambulanten" werden auch heute noch als Charakteristikum genannt, kommt man auf die Vergangenheit der Orte rund um Landscheid zu sprechen. Ein Grund für die "Berühmtheit" gerade dieser lokalen Besonderheit ist auch Peter Zirbes, geboren 1825 in Niederkail, wo er 1901 starb. Er hatte nicht nur den "Hausiergewerbeschein", wie seit Generationen in seiner Familie üblich, sondern war ebenfalls unterwegs - wie auch sein späterer Reisepass vermerkt: "Um selbst verfasste Gedichte abzusetzen." Sie sollten ihn im Gedächtnis der Nachwelt lebendig erhalten. In seinem bekanntesten Gedicht "Prosa und Poesie" beschreibt er sich: "Ich bin ein fahrender Sänger,/gebürtig zu Niederkail,/ und habe nebst Gedichten/auch Glas und Steingut feil." Beruf und Begabung - beide halfen ihm nicht aus der Armut heraus, auch nicht die beiden Ehrenpreise für seine Gedichte, die er von König Friedrich Wilhelm IV. und Kaiser Wilhelm II. erhalten konnte. So heißt es in einem Nachruf auf ihn: "Wohl schritt dein Fuß im Erdental/ durch Not und Schmerz auf düstrem Pfade;/ jedoch dem Dichter fiel ein Strahl / von oben drauf,/ voll Licht und Gnade." Historisches gibt es heute auch im Internet

Während Peter Zirbes selbst das Hausieren aufgab, als Dichter oder Kleinhändler mit etwas Landwirtschaft versuchte, sich "über Wasser zu halten", bleiben die Handelsreisenden typisch für die Gegend. Das belegt eine Veröffentlichung, die rund 50 Jahre alt ist. Unter dem Titel "Von den fahrenden Händlern" beschreibt Franz Berger aus Landscheid den traditionellen Aufbruch im Frühjahr. Jetzt sind die Händler motorisiert: "Auf der Dorfstraße halten dann die Handelswagen mit laufenden Motoren. Eltern und Kinder, Freunde, Verwandte und Bekannte nehmen herzlichen Abschied voneinander. Taschentücher winken einen letzten Gruß." Er erzählt auch von den modernen Läden auf Rädern, die er mit "fahrenden Kaufhäusern" vergleicht: "Emaillewaren aller Art bieten sich da an, Flaschen und Teller, Kannen und Töpfe, Schüsseln und Wannen. Alles ist da, was man auf einem einsam gelegenen Dorfe nötig hat." Rückkehr war zur Winterszeit. Das galt noch in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, wie es Walter Feltes im Dialekt nacherzählt: "Am Wanter woaren die Jenischen dahîm. En Händlerwoan, akkurat restauräart wie fieja, erennert on die Zeit." Wer sich weiter über die Geschichte der Mehrortsgemeinde informieren will, wird im Internet fündig unter: www.landscheid.de und natürlich in den Orten selbst. Nicht nur in einen Händlerwagen um 1900 hat der Handel-Handwerks und Gewerbeverein investiert, der 2006 sein 100-jähriges Bestehen feiert, auch das Haus von Peter Zirbes ist sehenswert. 1972 hat es die Gemeinde mit dem dichterischen Nachlass erworben und restauriert. Naturgemäß hat auch Peter Zirbes den wandernden Steinguthändlern ein Gedicht gewidmet, es zeigt wie beschwerlich das Leben des Gewerbes war: "Halb zerrissen sind die Kleider/ ohne Sohlen sind die Schuh'./ Immer vorwärts! Immer weiter!/ Nirgens hat der Wand'rer Ruh'." Liebe Leser: Wie könnte die Mehrortsgemeinde Landscheid im Jahr 2020 aussehen? Bitte senden Sie uns Ihre Vision zur Zukunft der Orte in maximal 30 Zeilen mit jeweils 33 Anschlägen bis Dienstag, 31. Mai, 14 Uhr, an mosel@volksfreund.de.oder per Fax 06571/972039.

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