Vom Baum ins Glas

Knapp zehn Liter Apfelsaft trinkt im Durchschnitt jeder Deutsche pro Jahr. Das meiste davon kommt aus Packungen und Flachen, doch am besten schmeckt das Getränk, wenn es frisch gepresst ist. Das zumindest meint Lucky, der in Wißmannsdorf in der Eifel Kindern bei der mühsamen Saftproduktion über die Schultern geschaut hat.

Wißmannsdorf. Äpfel sind lecker. Und gesund. Und das Beste ist, man kann sie auch trinken. Nur solltet ihr nicht zu viel frisch gepressten Apfelsaft zu euch nehmen. Denn sonst grummelt der Magen, und was dann passiert, das könnt ihr euch sicher vorstellen. Das weiß ich aus Erfahrung, und das sagt auch Carsten Lenz. Er ist Naturpädagoge, macht also mit den Kindern ganz tolle und abenteuerliche Sachen im Freien und hat darüber hinaus Wiesen, auf denen Apfelbäume stehen. Jedes Jahr im Herbst werden die dort wachsenden Äpfel gesammelt, um daraus Viez zu pressen.

Erst in die Mühle, dann in die Presse



Und das funktioniert so: Zunächst werden die gesammelten Äpfel in einer Bütte mit klarem Wasser gewaschen. Wenn sie dann halbwegs sauber sind, landen sie in einer Obstmühle. Das ist ein Trichter, an dessen unterem Ende scharfe Messer-Klingen sind. In der Regel werden diese Obstmühlen mit Strom betrieben, doch in diesem Fall ist es eine Hand-Obstmühle. Mit einer Kurbel an der Seite des Trichters werden die Klingen im Kreis bewegt und so die Äpfel zerkleinert.

Die Stückchen landen dann in einem großen Behälter, der unter der Mühle steht, und wenn dieser voll ist, kommt das klein gehackte Obst in die Korbpresse. Wenn ihr schon einmal auf einem alten Bauernhof gewesen seid, dann habt ihr so eine alte Presse vielleicht schon gesehen. Der untere Teil ist eine Art flache Wanne aus Metall, die auf drei hohen Füßen steht. Auf dieser Wanne steht der Korb. Der sieht ein wenig aus wie ein Fass, nur dass zwischen den einzelnen Hölzern Abstände sind. Auf dem unteren Bild könnt ihr das gut erkennen - allerdings ist das eine sehr kleine Presse. Ideal für Kinder, aber nichtsdestotrotz anstrengend.

Saft wird aus Apfelstückchen gequetscht



Denn wenn die Presse gefüllt ist, wird der Korb oben mit zwei halbrunden Deckeln geschlossen. Und dann beginnt der schwerste Teil der Arbeit. In der Mitte der Presse ist ein Gewindestab und darauf sitzt wiederum eine Spindel, die sich langsam nach unten bewegt. Dafür aber müssen die Kinder den langen Hebel hin und her ziehen. Und je weiter dadurch der Korbdeckel nach unten gedrückt wird, umso mehr Saft wird aus den Apfelstücken gepresst. Das geht am Anfang noch ganz einfach, wird dann aber immer schwerer. Der Saft läuft dann nach unten, landet dann erst in der Wanne und fließt von dort durch ein Sieb in einen Eimer, der unter der Presse steht. Jetzt ist der Viez fertig, kann getrunken werden und schmeckt äußerst lecker. Frisch gepressten Viez müsst ihr unbedingt probieren. Nur nicht zu viel davon. Sonst bekommt ihr ... na, ihr wisst schon. Extra Süßer und saurer Viez: Neben dem Apfelsaft, der in unserer Region als "süßer Viez" bezeichnet wird, gibt es auch noch den "sauren Viez". Dieser wird zunächst genauso hergestellt wie der süße, nur dass der saure Viez einige Zeit in Fässern oder großen Behältern gelagert wird und dann zu gären anfängt. Bei dieser Gärung, die mehrere Monate dauert, wird dem Viez durch Hefe der Zucker entzogen. Dabei entsteht Alkohol, so dass der Viez nicht nur sauer, sondern auch alkoholhaltig wird. Frisch gepresster süßer Viez sollte deshalb auch innerhalb weniger Tage getrunken werden, da er sonst nicht mehr schmeckt. (uhe)

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