Vom Eimer bis zum 100-Liter-Fass

WITTLICH. "Mit Eichenholz und Rebensaft, der Küfer sich durchs Leben schafft", besagt ein alter Spruch. Für Heinz Zender aus Wittlich währte die Freude nicht lange. Nur 20 Jahre nach seiner Meisterprüfung baute er 1970 das letzte Fass, denn Kunststofffässer verdrängten die herkömmlichen Weinfässer aus Holz.

Die Idee, die Heinz Zender und sein Vater vor mehr als 60 Jahren hatten, war im Grunde so einfach wie gut: Der Vater war von Beruf Weinküfer und kümmerte sich, ähnlich wie ein Kellermeister, im Auftrag von Winzern um die Weinpflege und die Behandlung. Sein Sohn Heinz sollte zusätzlich den Beruf des Holzküfers erlernen, um so auch Fässer bauen zu können, die sie den Kunden verkaufen konnten. Also begann der junge Wittlicher 1942 eine Lehre als Fassmacher beim Küfermeister Christmann in Trier-Kürenz. "Das war ein sehr strenger Lehrherr. Aber im Nachhinein fand ich es ganz gut. Er war eine Art Ersatzvater, denn mein leiblicher Vater war seit 1939 überwiegend im Krieg und später lange in französischer Gefangenschaft." Während seiner Lehrzeit hat Zender sogar noch Eimer aus Holz gefertigt. Nach seiner Ausbildung, die wegen des Krieges mehrmals unterbrochen werden musste, baute er zu Hause Weinfässer und ging mit dem Vater in die Weinkeller. Von 1951 bis 1952 besuchte Zender die Meisterschule im baden-württembergischen Reutlingen. "Für Holzküfer gab es keine andere Schule in Deutschland", sagt Zender. Die Fassproduktion war vor allem ein Saisongeschäft. "Wenn im Sommer abzusehen war, dass es eine gute Ernte gibt, haben wir begonnen, Fässer zu bauen." Dadurch, dass Heinz Zender aber gleichzeitig den Beruf des Weinküfers gelernt hatte, konnte er magere Zeiten mit der Arbeit in den Weinkellern der hiesigen Winzer ausgleichen. Warum er der einzige Küfer in Wittlich war, weiß er selbst nicht so genau. Vielleicht lag es daran, dass es in Wittlich so wenige Winzer gab. "Von Wittlich allein hätten wir auch nicht leben können. Wir haben viel für Kunden an der Mosel gearbeitet", erinnert sich der Küfer. Für die Produktion von Weinfässern verwendete er wegen der Langlebigkeit überwiegend Eichenholz, das er auf Versteigerungen kaufte. "Für Eimer und Waschbütten haben wir Lerchen- oder Kastanienholz benutzt. Das war eigentlich nicht so hochwertig, aber durch die Waschlauge wurde das Holz regelrecht "imprägniert", so dass es genau so lange hielt wie Eichenholz." Durch das Aufkommen von Kunststofffässern flaute das Geschäft mit den Holzfässern seit Mitte der 60er Jahre allmählich ab, wie Zender erzählt. 1970 baute er das letzte Fass. "Noch bis Ende der 70er- Jahre haben wir repariert, aber das hat sich dann auch nicht mehr gelohnt", sagt Zender. Dass sein Beruf nur 20 Jahre nach der Meisterprüfung schon nicht mehr gefragt war, ist zwar traurig, aber der Küfermeister trägt es mit Gelassenheit. "Das war eine Entwicklung, die man kommen sah. Zudem hab' ich mich mit Leib und Seele dem Wein verschrieben und meinen Beruf als Weinküfer ausgebaut." Daraus ist im Laufe der Jahre ein eigenes Weingut geworden. Wenn Heinz Zender ab und zu in Gedanken schwelgt, und sich an die alten Zeiten erinnert, geht er in den Keller - denn dort steht noch ein Korb mit alten Küferwerkzeugen.

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