Vom Mont Royal inspiriert

TRABEN-TRARBACH. In die Luft ist Ludwig Schuch sehr oft gegangen. Der begeisterte Motorsegler ist seit 45 Jahren Mitglied im Deutsch-Amerikanischen-Segelflugclub Traben-Trarbach. Am Boden braucht der gelernte Uhrmachermeister jedoch viel Geduld und Ausdauer, denn immer wieder entwickelt er neue, verblüffende Maschinen, die schon Menschen auf dem ganzen Erdball in Erstaunen versetzt haben.

Das Perpetuum Mobile, eine Maschine, die sich ständig in Arbeit befindet, ohne dass neue Energie zugeführt wird, hat es ihm angetan. Bereits Leonardo da Vinci (1452-1519) beschäftigte sich mit diesen Objekten, und wenn der geniale Italiener dem 81-jährigen Ludwig Schuch bei der Arbeit zuschauen könnte, wäre er bestimmt begeistert.Im Tower auf dem Segelflugplatz hat sich der aus Wächtersbach bei Frankfurt kommende rüstige Senior einige Wochen seine kleine Werkstatt eingerichtet. Lupen und Uhrmacherwerkzeuge liegen geordnet auf dem Tisch, und mit ruhiger Hand verändert der Erfinder verschiedene Kugellager, die seinen Maschinen zur scheinbar unaufhörlichen Bewegung verhelfen. "Der Mont Royal inspiriert mich", sagt Schuch, der zu Hause eine große Werkstatt und einen Ausstellungsraum hat.Fernsehkarriere begann bei Peter Frankenfeld

In Traben-Trarbach geht er in Klausur, er schätzt die Atmosphäre und freut sich, dass er hier in Ruhe arbeiten kann. 35 verschiedene Objekte hat er schon entwickelt und dafür seinen erlernten Beruf an den Nagel gehängt. In aller Welt, zumeist an Messeständen, werden seine unverkäuflichen Unikate als Blickfänge eingesetzt und locken die Menschen an.Schuchs Karriere begann vor fast 40 Jahren, als Peter Frankenfeld ihn 1964 in seiner Talentsendung "Mein Steckenpferd" vorstellte. Seitdem hat es der sympathische Tüftler auf 33 Fernsehauftritte gebracht. Selbst das Luxemburger, Schweizer und japanische Fernsehen widmeten dem Erfinder, der in Interviews gerne für Traben-Trarbach wirbt, zahlreiche Beiträge.Doch nicht nur Maschinen, die einfach nicht zur Ruhe kommen wollen, hat Schuch geschaffen. Auch kuriose Erfindungen, wie nur an einem Seil hängende Behältnisse, aus denen nie versiegende Flüssigkeit in Behälter fließt, die niemals überlaufen, haben ihn weltweit bekannt gemacht und Physiker das Kopfschütteln gelehrt. "Ich unterscheide zwischen Zaubertricks und echten Erfindungen", sagt Schuch, der sich darüber freut, dass er kerngesund ist und noch voller Energie steckt. Gerne wäre er noch einmal 20 Jahren jünger, aber auch jenseits der 80 gehen ihm die Ideen nicht aus, und unermüdlich wie seine Maschinen arbeitet es in seinem Kopf. "Ich bin immer strebsam gewesen", sagt er, und sein Talent zum Erfinder erklärt er auch mit seiner vielseitigen Berufsausbildung. Der Uhrmachermeister wurde während des Krieges zur Reparatur von Flugzeug-Bordinstrumenten ausgebildet.Sein bislang letztes Objekt ist ein Edelstahl-Zahnradgetriebe, eine Kombination aus Rad, Kette und 16 Kugeln, und die Eingebung kam ihm im August 2002 auf dem Mont Royal. Genau ein Jahr später erhält das mechanische Wunderwerk hier nun seinen letzten Schliff, und im Oktober wird es nach Mailand reisen, um dort auf einer Fachmesse die Besucher anzulocken. Große internationale Firmen gehören zu Schuchs Kunden, der nie bestrebt war, reich zu werden; Freude, Idealismus und Ausdauer prägen seine Tätigkeit. So investierte er einmal 2000 Arbeitsstunden in ein für Fiat entwickeltes Objekt. "Meine Frau hat´s nicht leicht mit mir", schmunzelt der Rentner. Sie hilft ihm bei seinen Ausstellungen und toleriert auch, dass der Gatte nachts aus dem Bett in die Werkstatt eilt und nachschaut, ob sich die Maschinen noch drehen.Leonardo da Vinci kam 1487 zu dem Schluss, dass es ein Perpetuum Mobile niemals geben wird. Schuch, der bestrebt war, mit heutiger Technik dem italienischen Genius nachzueifern, bestätigt diese Erkenntnis. Nur scheinbare Perpetua Mobilia hat er entwickelt, aber sie drehen sich und drehen sich und lassenden Betrachter nicht mehr los.

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