Vom Musikland Tschechien

Die Orgelkonzerte in der Abteikirche Himmerod sind immer wieder für sommerliche Kultur-Erlebnisse gut. Mit Pavel Kohout aus Prag saß am Sonntag ein exzellenter junger Musiker auf der Orgelbank.

 Auf der Himmeroder Orgelbank: Pavel Kohout. TV-Foto: Martin Moeller

Auf der Himmeroder Orgelbank: Pavel Kohout. TV-Foto: Martin Moeller

Großlittgen. (moe) Wenn das EM-Finale für Deutschland mal genauso gut abgelaufen wäre wie dieses Orgelkonzert für die Hörer in Himmerod! Pavel Kohout aus Prag ließ vom ersten Takt an keinerlei Zweifel an seiner meisterlichen Kompetenz. Wie viel kontrollierten Schwung bietet er auf für die stürmische Einleitung von Johann Sebastian Bachs Toccata E-Dur BWV 566 und welch sachte, tänzerische Bewegung für die erste Fuge (wobei freilich die zweite Fuge allzu dicht und fast schwerfällig gerät)! Die berühmte Choralbearbeitung "Schmücke dich, o liebe Seele" BWV 654 - Pavel Kohout musiziert sie schlank und unsentimental, aber seine Interpretation hat den ruhigen Atem für die pietistische Frömmigkeit dieser bedeutenden Komposition. Und wie offensiv geht der tschechische Organist Alexandre Guilmants Orgelsonate Nr. 1 ein, wie feinsinnig modelliert er mit dem Schwellwerk Übergänge, und welche Energie strahlt vor allem der "Toccata"-Schlusssatz aus!Kohout begab sich mit den Hörern zudem ins Musikland Tschechien und stellte die Werke zweier Komponisten vor, die in Deutschland fast völlig unbekannt sind. Josef Klicke (1855-1931) hat mit der Konzertfantasie über Themen von Bedrich Smetanas sinfonischer Dichtung "Vysehrad" ein vielfältiges, farbiges Werk geschrieben, das zwar auch vom Erkennungswert der Smetana-Themen lebt, aber doch einer eigenständigen Konzeption folgt. Und der "Weg des Schattens" von Lubos Sluka (geb. 1928) orientiert sich an der französischen Orgelmusik des vergangenen Jahrhunderts und entwickelt dar aus eine düster-verhaltene Klang-Meditation.Hier wie dort: Pavel Kohouts Interpretation verbindet ganz unterschiedliche Dimensionen perfekt: analytischen Intellekt, jugendlichen Elan, lyrisches Feingefühl und ein ausgeprägtes Sensorium für die Stärken der Werke, dazu eine brillante Technik. Der Beifall in der gut besuchten Abteikirche steigerte sich zu Ovationen. Und Kohout spielte als Zugabe Bachs berühmte d-Moll-Toccata so frisch und so frei von müder Routine, dass die häufig aufgeführte Komposition wirkte, als erklinge sie zum ersten Mal.

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