Von Drogen, Gewalt und Knast-Hierarchie

WITTLICH. Schwere Brocken: In einem Zeitungs-Interview berichtet ein Ex-Häftling der Jugendstrafanstalt Wittlich von starker körperlicher Gewalt durch Mitgefangene und leichtem Zugang zu Drogen im Knast. Die Vorwürfe seien so nicht haltbar, entgegnen Gefängnisleiter Otto Schmid und sein Vertreter Robert Haase im Gespräch mit dem TV.

Es ist starker Tobak, was Christian P. im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger über die Wittlicher Jugendstrafanstalt (JSA) sagt. Der 24-Jährige, der nach eigenen Angaben zwei Mal im Gefängnis saß, äußert: "Ich hatte teilweise das Gefühl, dass es für Konsumenten im Gefängnis wesentlich einfacher ist, Drogen zu besorgen, als in Freiheit." Dem widerspricht JSA-Leiter Otto Schmid. "Ich kann nie ausschließen, dass es hier Drogen gibt, aber ich bin relativ sicher, dass es, wenn es sie gibt, wenige sind." Schmid verweist auf ein engmaschiges Netz von Kontrollen. Dazu gehören 350 bis 400 Urin-Kontrollen pro Jahr, die bei Verdacht, aber ebenso auch rein zufällig, angeordnet werden. Schmid: "Wir schaffen so ein Klima der Verunsicherung bei den maximal 200 jugendlichen Gefangenen." Pro Jahr seien etwa zehn Proben positiv. Meist werde Haschisch nachgewiesen, und oft sei nachvollziehbar, dass es draußen genommen worden sei. Zudem werden laut Schmid die Pakete für die Gefangenen - drei pro Jahr und Person sind zugelassen - sorgfältig mit Drogenhunden durchsucht. Wer das Haus verlässt, wird nicht nur kontrolliert, wenn er zurückkommt, sondern muss draußen auch andere Kleider tragen als drinnen. Robert Haase, stellvertretender Anstaltsleiter, ergänzt: "Wollten wir Drogen 100-prozentig ausschließen, müssten wir Ausgang und Pakete verbieten und dürften Besuch nur noch mit Trennscheibe zulassen." Dies widerspreche jedoch dem Resozialisierungsgedanken des Vollzugs. Gewalt im Knast ist das andere Thema, das Christian P. im Zeitungsinterview anspricht. Er sagt, er sei von einem Mithäftling als Verräter dargestellt worden und deshalb in der Knasthierarchie ganz nach unten gerutscht. "Leider ist es auch zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Rippenbrüche, Prellungen und Stichverletzungen waren die Folge.""Es gibt keine Orte, die hierarchiefrei sind"

"So etwas wäre ein spektakulärer Einzelfall", entgegnet Haase. Otto Schmid meint: "Christian P. war einmal hier beim Arzt und hat dann Gehhilfen gebraucht, vermutlich nach einem Sportunfall. Wegen Rippenbrüchen kann es jedenfalls nicht gewesen sein." Dass Gewalt im Knast ein Thema ist, verneinen die beiden Männer nicht. Hinter Gittern fänden sich häufig diejenigen wieder, die nicht gelernt hätten, dass man Konflikte anders als mit Gewalt lösen könne. Doch weisen Schmid und Haase darauf hin, dass immer ein Beamter bei den Gefangenen sei, der bei Bedarf sofort eingreife - ob bei der Hofstunde, beim Arbeiten oder in den Wohngruppen. Nur in den Hafträumen, die zu zweit bewohnt werden, sind die Gefangenen unter sich. Haase: "Der Kontakt zu den Gefangenen ist so gut, dass wir bald mitbekämen, wenn da etwas passieren würde. Die Gefangenen melden sich dann." Bei Gewalttaten wird zudem Strafanzeige erstattet - und das schreckt ab. Vollzugslockerungen wie Urlaub oder eine vorzeitige Entlassung sind dann nämlich tabu. Und wie sieht es aus mit der Knasthierarchie? Lässt die sich durch den Gruppenvollzug nicht abmildern? Haase: "Es gibt keine Orte, die hierarchiefrei sind, und gerade in dem Alter hier versuchen die Jungen und jungen Männer, ihren Platz zu finden. Da wird die Hierarchie ständig angefochten." Sei jemand zu dominant, werde eingegriffen. Betreffender könne beispielsweise vorübergehend oder auch gänzlich aus dem Gruppenvollzug rausgenommen werden. Generell meint JSA-Leiter Schmid: "Wir haben hier keine Großstadt-Klientel, sondern vor allem die Koblenzer und Trierer Szene. Was Drogen und Brutalität angeht, sind das glücklicherweise harmlosere Jungs."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort