Vor 55 Jahren gab‘s schon mal ein Brückenfest

TRABEN-TRARBACH. (sim) Am Samstag ist es soweit. Die Traben-Trarbacher und sicherlich viele Gäste feiern ihre "fast neue" Brücke mit einem großen Fest. Vor 55 Jahren, am 20. Juni 1948, - genau einen Tag vor der Einführung der D-Mark - gab es bereits ein Brückeneinweihungsfest. Der Heimatfreund und Stadtführer Richard Ochs erinnert daran.

 Fast neu und ziemlich bunt: Die renovierte Moselbrücke in Traben-Trarbach wird am Samstag eingeweiht.Foto: Winfried Simon

Fast neu und ziemlich bunt: Die renovierte Moselbrücke in Traben-Trarbach wird am Samstag eingeweiht.Foto: Winfried Simon

Nach der Brückensprengung im März 1945 der "Möhring'schen Jugendstilbrücke" - sie wurde 1898 bis 1899 als vierteilige Doppelparabol-Bogenbrücke im Stahlskelettbau, der modernsten Technik der damaligen Zeit, erbaut - hielt zunächst eine aus Wehrmachtspontons zusammengefügte Wagenfähre den Verkehr zwischen den Stadtteilen aufrecht. Im Sommer 1945 begann nach Abzug der Amerikaner die französische Militärverwaltung mit der Trümmerbeseitigung der den Flusslauf behindernden Brückenteile. Richard Ochs erinnert sich: "Mein Vater stellte Teile der schmiedeeisernen Traubenranken aus der Mosel sicher, die ich heute noch besitze. Gleichzeitig begann man mit Hilfe deutscher Kriegsgefangenen mit der Errichtung einer Holzbrücke, die nach der Schutzpatronin der französischen Pioniere sowie allgemein der Bergleute und Artillerie, der heiligen Barbara benannt und am Barbaratag, 4. Dezember 1945, eingeweiht wurde." Diese Brücke existierte genau drei Monate. Am 4. Februar 1946 wurde sie durch Hochwasser mit Eisgang nachts weggerissen. Daraufhin tat die Fähre bis zur Einweihung der neuen Brücke wieder ihren Dienst. Alle aus dem Krieg heimkehrenden männlichen Bewohner mussten, ehe sie zum Empfang von Lebensmittelkarten berechtigt waren, für sechs Wochen zunächst an der Trümmerbeseitigung und später an den Bauarbeiten mitwirken. Auch Richard Ochs arbeitete im Juni und Juli 1945 an der Trümmerbeseitigung mit. Nachdem Anfang 1946 wieder ein regelmäßiger Unterricht am hiesigen Gymnasium aufgenommen wurde, besuchte Richard Ochs wieder die Schule und bereitete sich für Sommer 1947 auf das erstmals nach französischer Methode durchgeführte Zentralabitur vor, das in Trier stattfand. Im Kunstunterricht befasste sich Ochs sehr gern mit Kunstschriften. Klassenlehrer war der später weithin bekannte Heimatpublizist O. Th. Müller. Er hatte zur Vorbereitung der Brückeneinweihung ein hymnisches Gedicht verfasst, das den Gedanken der Brücke als völkerverbindendes Symbol des Friedens hervorhob. Er bat Richard Ochs, dieses Gedicht in zwei Exemplaren für die Einweihungsfeierlichkeiten zu erstellen. Eines wurde in einer Kassette mit anderen Utensilien in den ersten freien Pfeiler auf der Trarbacher Seite eingemauert. Das zweite Exemplar sollte mit den Unterschriften der Ehrengäste bei der Stadtverwaltung aufbewahrt bleiben, ging aber irgendwann verloren. Wegen des Versmaßes gab es eine Kontroverse zwischen dem Autor O. Th. Müller und Heimatbildner Dr. Ernst-Willen Spies. Letzterer korrigierte eigenmächtig mit Bleistift die von Ochs verfasste Urkunde, von denen die eine mit eigenmächtiger Korrektur schließlich eingemauert wurde. Das führte zum Eklat und zu einer bis zum Tode aufrecht gebliebenen gegenseitigen Feindseligkeit zwischen Spies und Müller. Das Gedicht von O.Th. Müller lautet: Lange getarnter Ungeist zerbrach die Pfeiler und Bogen. Wirres Eisengefetz klagte aus gurgelnder Flut. Doch bald raffte sich auf aus drückender Leiderstarrung tüchtiger Bürgersinn, schaffend dich, Brücke aufs neu. Sei du uns Sinnbild im Kleinen, wie Bruder zu Bruder sich findet, Wirke im Großen als Band, das fester immer verknüpft Völkernachbarn, die oft Waffen im Wandel der Zeiten gegeneinander geführt, beiden zum grimmigen Leid.

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