"Vor der Hacke ist es dunkel"

WITTLICH. Trotz aufwändiger Voruntersuchungen wurden Bauarbeiter in der Karrstraße von einem Bomben-Fragment überrascht. Zwar ist das Fundstück völlig ungefährlich, da es nicht mehr detonieren kann. Dennoch entfachte der Metall-Schrott eine Diskussion über den möglichen Nutzen einer Baubegleitung durch eine Kampfmittel-Ortungsfirma.

Vorsicht, vielleicht eine Bombe: Kurz stieg der Adrenalin-Spiegel der Bauarbeiter in der Karrstraße. Etwa auf Höhe der Gaststätte "Zum Bitchen" stießen die Arbeiter auf ein verdächtiges Metallgebilde, das direkt unter der etwa 30 Zentimeter dicken Bordsteinkante lag. Der Baggerführer stoppte. Vorsichtig wurde das Fundstück mit einer Schaufel freigelegt. Dann Entwarnung: Dieser Metallschrott detoniert mit Gewissheit nicht. Nach Auskunft des Leiter des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienstes, Horst Lenz, handelt es sich bei dem Fund um den Teil einer Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, deren Explosivstoff nicht richtig detoniert ist und deshalb den Sprengkörper in größere Teile zerrissen hat. Ein Bomben-Fragment also, das völlig ungefährlich ist. Kein Grund zur Sorge

Dennoch sorgte das Stück Metall für Diskussionen auf der Baustelle. Schließlich gab es im Vorfeld der Bauarbeiten zwei aufwändige Untersuchungen (der TV berichtete; siehe Extra), die die Stadtwerke als Bauträger immerhin 3500 Euro gekostet haben. Und dann völlig unerwartet das Bombenfragment. Erste Sorge: Wenn ein Teil eines Kampfmittels überraschend auftaucht, dann schlummert unter der nächsten Bordsteinkante vielleicht auch eine noch scharfe Bombe. Denn 100-prozentig sicher, da sind sich die Experten einig, ist keines der Untersuchungsverfahren. Aus diesem Grund sieht die nordrhein-westfälische Landesverordnung vor, dass bei Bauarbeiten in einst stark bombardierten Gegenden immer eine Kampfmittel-Ortungsfirma die Aufsicht an der Baggerschaufel führt. "Da man was gefunden hat, sollte man bei den weiteren Aufrissarbeiten an den Bürgersteigen vorsichtig sein. Aber das ist nur eine Empfehlung", sagt Thomas Welker von der Kampfmittel-Ortungsfirma, die in der Karrstraße mit einem Magnetometer die Verdachtsstellen untersucht hat. Welker war auch in Nordrhein-Westfalen bereits mehrfach als Baubegleiter unterwegs. Seiner Einschätzung nach, bringt dieses Vorgehen zusätzliche Sicherheit: "Wenn ein bisschen Metall aus der Erde lugt, können wir mit dem Magnetometer prüfen, wie groß das Stück ist, und haben damit noch vor dem weiteren Ausgraben einen ersten Hinweis, ob es überhaupt von der Größe her ein Blindgänger sein kann." Zudem sei es mit dem Magnetometer auch möglich, nach dem Abtragen der Straßenschicht noch mal nach verstecktem Metall zu suchen. Andere Länder, andere Gesetze: In Rheinland-Pfalz ist eine solche Aufsicht nicht vorgeschrieben. Hierzuland steht einer der Bauarbeiter an der Baggerschaufel und stoppt seinen Kollegen, falls er etwas Verdächtiges an der Aushubstelle bemerkt. Sollte ein Sprengkörper zum Vorschein kommen, wird der Kampfmittelräumdienst verständigt, der das Fundstück prüft, gegebenenfalls kontrolliert sprengt, meistens aber entwarnt. Von einer so genannten Baubegleitung durch Kampfmittelorter hält der Leiter des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienstes nicht viel. Lenz: "Wir empfehlen das nicht." Denn bei verdächtigen Funden bliebe auch dem Kampfmittelorter nichts anderes übrig, als das Gebilde vorsichtig mit der Schaufel auszubuddeln. "Ein alter Bergmannsspruch lautet: Vor der Hacke ist es dunkel. Eine Baubegleitung erzeugt ein trügerisches Sicherheitsgefühl", sagt Lenz. Dieser Einschätzung schließen sich die Stadtwerke Wittlich als Bauträger an. "Wir sehen keine Veranlassung die Arbeiten durch eine Spezialfirma überwachen zu lassen. Eine permanente Überwachung der Bauarbeiten verringert das Restrisiko, Kampfmittel zu finden, in keiner Weise", sagt der Pressesprecher der Stadtverwaltung, Ulrich Jacoby. Für die Bevölkerung bestünde kein Grund sich zu sorgen. Jacoby: "Es wird alles Notwendige getan, damit im Boden vorgefundene verdächtige Gegenstände mit erhöhter Sorgfalt behandelt werden."

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