Waldorfschule auf dem Wunschzettel

TELLIG/BERNKASTEL-WITTLICH. Was Alternativen zu staatlichen Schulen angeht, ist die hiesige Region unterentwickelt. Doch das könnte jetzt anders werden. Eine Familie aus Tellig sucht Gleichgesinnte, um eine Waldorfschule zu gründen.

Das Pisa-Debakel beschert den Waldorfschulen ein Nachfrage-Hoch. Bundesweit gibt es 189 dieser Schulen. Doch wer in der heimischen Region nach der Alternative zum staatlichen Schulsystem Ausschau hält, wird nicht fündig werden. Waldorfschulen gibt es weder in Cochem-Zell noch in den Kreisen Rhein-Hunsrück, Bernkastel-Wittlich oder Mayen-Koblenz. Wer sich für "Waldis" interessiert, muss bis Mainz, Neuwied oder Trier fahren. Das finden Annette und Richard Daubner sehr bedauerlich. Das Architekten-Ehepaar aus dem Hunsrückdorf Tellig will deshalb in Erfahrung bringen, wie viele Eltern aus der Region ihre Kinder zu einer Waldorfschule schicken würden. "Die Zeit ist reif dafür", sagen die beiden, "auch bei uns." Daubners haben vier Kinder. Theo (4) und Oskar (1) sind die Jüngsten, die Zwillinge Maria und Johanna (6) werden nach den Sommerferien eingeschult - erst einmal in einer Regelschule. Doch ihre Eltern hoffen, dass ihr Wunsch nach einer Waldorfschule in der Region bald realisiert wird. Denn beide haben sehr schmerzhafte Erinnerungen an die eigene Schulzeit. "Wir haben unter unserem Schulsystem gelitten", sagen sie. Das wollen sie ihren Kindern ersparen. Doch wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen einer staatlichen und einer Waldorfschule? Der Anthroposoph Rudolf Steiner gründete 1919 in Stuttgart die erste Waldorfschule. Seine Pädagogik beruht auf der Entwicklung des ganzen Menschen und nicht nur auf reiner Wissensvermittlung. Deshalb sollen soziale, künstlerische und handwerkliche Talente gleichwertig neben den intellektuellen Fähigkeiten gefördert werden. Es gibt kein Sitzenbleiben und keine Noten (in der Regel bis zur neunten Klasse). Die Klassenlehrer begleiten ihre Schüler in den ersten acht Jahren und unterrichten in fast allen Fächern. Dabei entwickeln sie indiviuelle Lehrpläne, die sich an der Entwicklung der Kinder ausrichten. Alle staatlichen Abschlüsse können auch an der Waldorfschule erworben werden. Je nach Bundesland gibt es dafür unterschiedliche Bestimmungen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise wird der Hauptschulabschluss nach der zehnten Klasse, der Realschulabschluss nach der zwölften und die Hochschulreife nach der 13. Klasse erworben. Überall in Deutschland sind Waldorfschulen aus lokalen Elterninitiativen entstanden und werden vom eigens ausgebildeten Lehrerkollegium in Selbstverwaltung mit den Eltern geführt. Das monatliche Schulgeld beträgt im Schnitt 125 Euro. Sozial Schwächere bekommen häufig Nachlässe eingeräumt. Denn es ist ein Prinzip dieser Schulen, kein Kind aus finanziellen Gründen abzulehnen. Zuweilen haftet den "Waldis" der Hauch des Hinterwäldlerischen an. Denn Fernsehen oder Computer galten lange Zeit als verpönt. Das ist heute anders. Computer sind in der Oberstufe selbstverständliches Lernmittel. Und die Zahl der Kinder, deren Eltern keinen Fernseher haben, nimmt ständig ab. Wer an einer Waldorfschule in der Region interessiert ist, sollte sich bei Annette und Richard Daubner melden, Telefon 06545/6612, Fax 1576 oder E-Mail: ardaubner@hotmail.com. Ferner sind drei Veranstaltungen geplant: Die erste findet am Mittwoch, 13. April, im Gemeindehaus in Tellig statt. Die zweite ist am Donnerstag, 14. April, im Hotel "Bergschlösschen" in Simmern, die dritte am Freitag, 15. April, im Gemeindehaus in Valwig bei Cochem, Beginn der Veranstaltungen ist jeweils um 20 Uhr. Informationen zu Waldorfschulen in Rheinland-Pfalz gibt es auch im Internet unter www.fuers-leben-lernen.de.

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