Warten, bis der Postmann klingelt

BAD BERTRICH. Die tägliche Tour der Briefträger in Bad Bertrich dürfte sich ab 1. August erheblich in die Länge ziehen: Denn nach dem Willen der Deutschen Post AG sollen die Zusteller nicht nur Post an die Kunden ausliefern, sondern auch deren Briefe und Pakete annehmen. Und so ganz nebenbei sollen sie auch noch Briefmarken verkaufen.

Wieder einmal treibt die DeutschePost AG einen Gemeinderat auf die Barrikaden. Diesmal ist es das Gremium von Bad Bertrich, allen voran Ortsbürgermeister Günter Eichberg und Hans-Werner Ehrlich, Bürgermeister der VG Ulmen. Eine Resolution der Gemeinde, unterstützt durch die Verbandsgemeinde, bittet den Landkreis Cochem-Zell und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Bundestages und des rheinland-pfälzischen Landtages um Hilfe. Dass eine Gemeinde, die als Staatsbad auf rundum zufriedene Kurgäste angewiesen ist, auf einen umfassenden Postservice verzichten soll, können die Räte nicht nachvollziehen.Jährlich 300 000 Übernachtungen

Sie schreiben: "Das Staatsbad Bad Bertrich ist eine Gemeinde, die zentralörtliche Funktionen zu erfüllen hat..." Die Resolution weist darauf hin, dass der Kurort jährlich rund 60 000 Gäste mit 300 000 Übernachtungen bei steigender Tendenz zählt. In der Gemeinde befinden sich sechs Kliniken, sechs Drei-Sterne- sowie zwei Vier-Sterne-Hotels und ein Fünf-Sterne-Hotel. Dazu kommen rund 60 weitere Beherbergungsbetriebe. Weiter heißt es in dem Protestschreiben des Gemeinderates: "Die Zahl der Arbeitnehmer von Bad Bertrich liegt bei über 800. Diese Zahlen sprechen für sich und fordern unbedingt das Vorhalten einer umfassenden Postversorgung einschließlich Postbankgeschäft und - für Bad Bertrich von besonderer Bedeutung - die Dienstleistung Postfach." Unter Berücksichtigung der Gäste- und Übernachtungszahlen sowie der Zahl der Arbeitnehmer sei Bad Bertrich mit einer 3000-Einwohner-Gemeinde gleichzusetzen, unterstreicht der Gemeinderat: "Somit erfüllt Bad Bertrich auch die gesetzlichen Vorgaben für die Erhaltung einer Poststelle vor Ort." Auch die Tatsache, dass der Eifelkurort im Rahmen des Stadtmarketing durch die rheinland-pfälzische Landesregierung gefördert wird, führt der Gemeinderat als Argument an: "Die postalische Versorgung durch einen mobilen Service würde eindeutig auch den planerischen und politischen Zielsetzungen des Landes widersprechen."Bis nach Ulmen oder Wittlich fahren

Den von der Post AG angekündigten mobilen Service sollen die Zusteller gewährleisten. Das bedeutet für die Kunden, dass sie zu Hause sein müssen, "wenn der Postmann klingelt". Denn nur bei ihm können sie dann noch Briefmarken kaufen und Briefe sowie Pakete aufgeben. "Das ist eine Katastrophe für unseren Kurort und unsere Betriebe", schimpft Gisela Fuhrmann vom Kurhotel am Kurfürstlichen Schlösschen. "Wir müssen den Gästen dann empfehlen, mit genügend Bargeld anzureisen, weil es auch keinen mit Kreditkarte zu bedienenden Automaten mehr gibt", erklärt die Hotelfachfrau. Natürlich können die Gäste ihre Post an der Rezeption abgeben, aber: "Manche möchten ihre Karte aber lieber persönlich aufgeben." Gäste, die ihre Postgeschäfte selbst erledigen möchten, müssten bis nach Ulmen oder Wittlich fahren: "Viele sind gar nicht mobil, weil sie mit dem Zug über Bullay anreisen. Demnächstsitzen unsere Kurgäste hier fest."

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