Warum ein Platz gefährlich wirkt

WITTLICH. Ab und an taucht der Zob in Polizeimeldungen auf: Als Ort von Rangeleien, aber auch Gewalt zwischen Gruppen und Unbeteiligten. Trotz dieser Einzelfälle entsteht schnell der Eindruck, dort sei es gefährlich. Doch stimmt das? Der TV hat bei der Polizei nachgefragt.

Ein Minderjähriger fährt nicht mehr mit dem Bus nach Hause. Der Grund: Er ist mit Freunden am Zob verprügelt worden. Er schildert seine Sicht des Vorfalls: "Wir - noch drei Freunde und ich - waren nach der Berufsschule in die Stadt gegangen, um mit dem Bus um 17.15 Uhr nach Hause zu fahren. Ich habe extra noch meinem Vater gesagt, er brauche uns nicht mit dem Auto abzuholen. Ab 17.05 Uhr haben wir auf den Bus gewartet. Zwei Minuten später kamen zunächst vier bis fünf Personen auf uns zu und sagten: ,Hau hier ab, das ist unser Platz!' Sie schlugen sofort, ohne Vorwarnung auf mich ein." Die Gruppe vergrößerte sich auf ein dutzend Personen. Der Jugendliche erzählt: "Während wir weggelaufen sind, habe ich über mein Handy den Notruf gewählt und so die Polizei gerufen, die auch schnell da war." Die Anzeige laute nun auf gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung. Ein solcher Vorfall bestärkt naturgemäß den Eindruck, der Zob sei ein Ort, an dem der "normale" Bürger nicht mehr sicher sein könne. Deckt sich diese Meinung mit den Kenntnissen der Polizei? Jürgen Riemann von der Polizei-Inspektion (PI) Wittlich informiert: "Die öffentliche Meinung deckt sich nicht mit den Zahlen der Kriminalstatistik 2005. In diesem Zeitraum kam es am Zob zu fünf Körperverletzungsdelikten." Zudem hätten sich dabei Täter und Opfer überwiegend gekannt (siehe Hintergrund). Da das minderjährige Opfer im TV-Interview behauptet, ein "Bandenproblem" am Zob sei bekannt, nimmt der stellvertretende Dienststellenleiter der PI Wittlich auch dazu Stellung: "Dieses Szenario ,Bermudadreieck Zob' gibt es in Wirklichkeit nicht." Zwar sei die eine oder andere gewaltbereite Jugendbande im Stadtgebiet aus polizeilicher Sicht erkennbar, diese fänden sich aber sporadisch zusammen, eine militante Organisationsstruktur sei nicht vorhanden. "Aus Einzelfällen auf ein Kriminalitätsphänomen oder kriminogene Örtlichkeiten zu schließen, erscheint mir nicht zulässig", ergänzt Jürgen Riemann und sagt weiter: "Der Aussage, dass kleinen Kindern Geld und Sachen abgenommen wurden, musste bisher nur in einem Ermittlungsverfahren im Jahre 2004 nachgegangen werden. Dieser Vorgang resultierte aus einem vagen Hinweis eines Elternteils, weitere angebliche Straftaten wurden nicht angezeigt." Generell sei der Zob als zentraler Platz zwischen Schulen, Viehmarktparkplatz und Innenstadt ein Ort, an dem sich alle Bevölkerungsschichten und -gruppen treffen. Auch die der Polizei bekannten Rand- und Problemgruppen fänden sich hin und wieder dort ein, wobei die Polizei nicht bestätigen könne, dass man sich dort treffe, um andere einzuschüchtern. "Dies belegt das Anzeigenaufkommen", bekräftigt Jürgen Riemann mit Hinweis auf die Kriminalstatistik und ergänzt, dass auch beispielsweise die Skaterbahn am Brautweg oder die Karrstraße Bereiche seien, die zu bestimmten Zeiten von der Polizei besonders beobachtet würden. Zudem werde man präventiv, also vorbeugend, tätig: "Bei besonderen Auffälligkeiten, auch bei Ersttaten, wurden seitens der Stadtverwaltung und der Polizei-Inspektion so genannte ,Gefährderansprachen' an die Täter oder sogar innerörtliche Aufenthaltsverbote für bestimmte Personen ausgesprochen. Grundlage hierfür und weitere Gefahren abwehrende Maßnahmen bietet das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz in ausreichender Form." Zusätzlich würden uniformierte Beamte als Fußstreifen und kontrollierende Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadtverwaltung diese bekannten Brennpunkte etwa zur Nachtzeit oder bei Ferienbeginn überwachen. Und welche Gegebenheiten am Zob begünstigen aus polizeilicher Erfahrung möglicherweise den Eindruck, die Örtlichkeit sei ein potenzieller Gefahrenpunkt? Darauf antwortet Jürgen Riemann, die Polizei habe keine Erkenntnisse, "die bauliche Unzulänglichkeiten als Ursache für das Vorhandensein eines von der Bevölkerung vermuteten Kriminalitätsschwerpunkt Zob erkennen ließen".

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