"Weil su viel schien Leit hei wuhnen"

WITTLICH. Das Wohnen in Wittlichs Altstadt ist lebenswert und durch persönliche Kontakte geprägt. Zu einem Schmuckstück hat sich die Oberstraße gemausert.

"Wir sind gut aufgenommen worden. Das ist hier wie im Dorf." Das junge Ehepaar Heidi und Marco Pauls kam vor drei Jahren in die Wittlicher Oberstraße. Sofort waren Kontakte hergestellt zu den Nachbarn, sowohl zu "geborenen" Säubrennern wie auch zu den Zugezogenen. Maria und Willi Marmann, zwei Wittlicher Urgesteine, fragten kurz nach dem Einzug: "Wo kommt ihr her?" Und schon begann die Integration der "Neuen". Willi Marmanns Zigarre ist immer dabei, wenn er aus seiner Jugend berichtet. Maria Marmann sorgt mit ihrem Geschäftchen dafür, dass sich die Menschen am Sonntagmorgen beim Zeitungskauf die Klinke in die Hand geben. Beide unterhalten sich gerne mit den "Zugezogenen".Zur Säubrennerkirmes 2003 steht eine Premiere an. Marco und Heidi Pauls werden sich als stürmender Bauer und als Marketenderin beim Säubrennerspiel engagieren. Obwohl beide in Trier arbeiten, bleiben sie in der Kreisstadt wohnen: "Wittlich liegt schön in der Mitte, zwischen unseren Heimatorten im Hunsrück und der Südeifel."Die Oberstraße mit ihren vielen Seitengässchen liegt ebenso schön in der Mitte der Stadt. Vom Marktplatz aus führt sie im eleganten Bogen zur Himmeroderstraße. "Uriges Haus, bucklige Wände, viel Holz innen drin, jede Ecke ausgenutzt", so beschreibt Marco Pauls sein Haus. Von der Dachterrasse kann ein Blick auf den Marktplatz erhascht werden. Auf vier Etagen plus Dachzimmer bietet das Haus 120 Quadratmeter Platz. Ein altes Haus war nicht geplant, aber es habe sich angeboten, weil es ein besonderes Flair habe und zudem bestens renoviert worden war.Generell hat die Oberstraße in letzter Zeit einen schmucken Gesamteindruck erhalten. Fast alle Häuser sind renoviert worden und haben sich zusammen mit der Neugestaltung des Straßenbelags, überwiegend Kopfsteinpflaster, zu einem Stück lebenswerter Altstadt entwickelt. Auch die Stadt habe etliche Häuser gekauft, renoviert und vermietet oder weiter verkauft. Bis auf das Haus mit der Nummer 4. Das Gebäude gehöre noch der Stadt. "Dort werden sich Ratten und Tauben einnisten", hört man unter den Anwohnern. Auch passe das Haus nicht zu den schmucken Wohnungen der Oberstraße.Ein Spaziergang von der "Kaienburg", dem seit einigen Wochen geschlossenen Ur-Wittlicher Lokal, bis zur Himmeroderstraße macht Geschichte lebendig. 1809, 1763, 1730 - so mancher Türstein verrät das Erbauungsdatum. Jüngere Bauten fügen sich harmonisch ein. Viele der Holztüren erstrahlen in neuem Glanz. Die Dächer sind durchweg mit weißlackierten Gauben durchsetzt. Steintröge, Buchsbäume, Sandsteinfassungen und Sprossenfenster bieten ein schönes Bild. "Dort ist sogar noch mundgeblasenes Fensterglas eingebaut", sagt Jutta Caspari, die in einem Seitengässchen wohnt. Sie erzählt von den Familien- und Hausnamen. In der Oberstraße gebe es alte Wittlicher Namen wie Teusch, Musseleck oder Kaster ebenso Zugezogene wie Sanftleber oder Czodrowski. Hausnamen wie "Teischen aalen", "Gambetern", "Fäldheena" und andere kennen die älteren Leute noch, sagt sie. "Eewischgaas" heiße die Straße. In Wittlicher Platt bringt es Willi Marmann auf den Punkt: "Wir fühlen uns hier wohl, weil su viel schien Leit hei wuhnen."

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