Wein-Experimente: 44 Monate Ruhe - Wintricher Römer öffnet vergrabene Tonkrüge

Wintrich · Wie schmeckt Wein, der jahrelang in großen Amphoren unter der Erde lagert? Am 18. Juni wird das Geheimnis in Wintrich gelüftet. Im Betrieb eines Mannes, dem die Geschichte des Weinanbaus an der Mosel ganz besonders am Herzen liegt.

Wintrich. Zu dieser Geschichte passt sogar der Vornamen des Mannes, um den es geht: Roman. Das erinnert an Rom und die Römer. Würde er mit Nachnamen Aularius heißen, wäre es perfekt. Auler passt aber besser an die Mosel. Wer zum Weingut des Wintricher Winzers kommt, merkt sofort: Hier wohnt jemand, der sich ganz stark mit der mehr als 2000 Jahre alten römischen Geschichte an der Mosel befasst. Der Blick fällt zuerst auf eine römische Säule und einen Brunnen in Amphorenform. Das passt zu einem Betrieb, der Romanushof heißt.

Roman Auler experimentiert seit 2007 mit Wein in Tonamphoren. In wenigen Tagen erwartet ihn in dieser Hinsicht ein Höhepunkt. Am Samstag, 18. Juni, werden in einer besonderen Runde zwei Amphoren geöffnet, die seit 44 Monaten unberührt unter der Erde lagern. Es verwundert nicht, dass darüber ein kleiner Tempel steht - mit einem Dach aus uralten Ziegeln, die Auler sich in Italien besorgte. Die Leidenschaft des 56 Jahre alten Winzers steht im Zusammenhang mit dem Tun des 1997 gegründeten Vereins Vigilia Romana Vindriacum. Er beschäftigt mit dem römischen Weinbau in der Region Bernkastel-Kues und der Historie von Wintrich (Vindriacum). Vor etwa zehn Jahren erregte er mit einem Experiment Aufsehen.Versuche begannen 2007


Es erinnerte an die Zeit, als die Römer schon an der Mosel residierten, aber noch keinen Wein anbauten. In Amphoren, wie sie die Römer beim Weintransport vor etwa 2000 Jahren benutzt haben dürften, wurde Rebensaft abgefüllt - schon damals der von Roman Auler. Neun Wochen verbrachte der Rebensaft in diesen Gefäßen. Im September 2007 wurde der Inhalt im Archäologiepark Belginum bei Wederath (Hunsrück) verkostet. Der Premierenwein war gar nicht schlecht, das Problem war eher die Beschichtung der Amphoren. Damals war der Flüssigkeitsverlust relativ hoch.

Es gab auch hier eine Entwicklung. Wie sich der Inhalt der jeweils 800 Liter fassenden Amphoren nach 44 Monaten darstellt, weiß natürlich niemand. Warum 44 Monate? "Über mehrere Jahre sollte der Versuch von vorneherein gehen, auch um die Abdichtung zu testen", sagt Auler. Dass es nun fast vier Jahre sind, sei aber eher Zufall.Amphore kostet 3500 Euro


Der Winzer steckt einiges an Geld in das Projekt. Alleine die großen Amphoren kosten pro Stück etwa 3500 Euro. Hergestellt wurden sie in Georgien, wo Weine auch heute noch zur Reifung in solche Gefäße kommen. Die beiden Amphoren wurden im Herbst 2012 unterschiedlich befüllt. Die eine mit gepresstem Traubensaft, die andere mit ungepressten Beeren. Das Ausgangsmaterial ist gleich. Es stammt aus der Wintricher Lage "Großer Herrgott" und wies, so Auler, ein Mostgewicht von 90 Grad Öchsle auf. Daraus hätte der Winzer nach konventioneller Art eine schöne Spätlese erzeugen können.

Eines glaubt Auler zu wissen: "Der Inhalt beider Amphoren wird unterschiedlich schmecken." Die große Frage wird sein, wie er schmeckt. Sollte er Gefallen finden, will der Winzer auch noch zur Abfüllung schreiten und Liebhaber für den Wein suchen. Sollten die Gäste das Gesicht verziehen, könnte auch noch eine Destillation, die Verarbeitung zu Weinbrand, in Frage kommen.

Und was geschieht mit den Amphoren, die fest im Boden liegen? Die will Auler auch in Zukunft befüllen. Allerdings soll der Wein darin nur etwa zwei Monate reifen und dann in einen Edelstahltank wandern.Erlebnis für den Dachdecker


Es gibt auch Wohltäter. Ein unbekannter Gönner hat Auler einen Umschlag mit 1000 Euro in den Briefkasten geworfen. "Für das Projekt", habe auf dem Umschlag gestanden.
Dachdeckermeister Oliver Beicht, mit seiner Firma in Wintrich ansässig, hat mit zwei Mitarbeitern einen ganzen Tag auf dem Dach des Tempels zugebracht und die Ziegel verlegt, die Auler in Italien besorgt hatte. "Mit solchen Materialien zu arbeiten, ist schon etwas Besonderes. Jeder Ziegel ist anders", sagt der Fachmann. Quasi als Dank verzichtete Beicht auf eine Rechnung.

Die Amphoren werden am 18. Juni um 15 Uhr geöffnet. Zu den für diesen Termin geladenen Gästen zählen unter anderem Archäologen. Ab 18 Uhr haben dann auch Einheimische und Urlauber im Rahmen des Hoffestes die Gelegenheit, zu einem vielleicht einmaligen Geschmackserlebnis zu kommen.

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